Bei der Suche nach den seit eineinhalb Wochen vermissten sechsjährigen Zwillingsmädchen aus der Schweiz hat die Polizei am Mittwoch ihre Ermittlungen ausgeweitet. Wie die Nachrichtenagentur sda berichtete, sperrten Experten das Wohnhaus des Familienvaters in Saint-Sulpice bei Lausanne ab. Unter anderem sei der Garten des Hauses umgegraben worden. Zudem wurden Suchhunde eingesetzt, hieß es. Nachbarn und Angehörige seien befragt worden. Ob die Aktion Ergebnisse brachte, blieb zunächst unklar. Die Mädchen sind seit Ende Jänner verschwunden.

Am Mittwoch wurde außerdem bekannt, dass die Mädchen Alessia und Livia nach Angaben der Staatsanwaltschaft im südfranzösischen Marseille bei der Odyssee ihres Vaters durch Frankreich und Italien offenbar doch dabei gewesen sein dürften. Drei Passagiere hätten sie auf der Fähre nach Korsika gesehen, die der 43-Jährige sie auf dem Weg nach Italien mitgenommen hatte, sagte Staatsanwalt Jacques Dallest am Mittwoch in Marseille. Der Mann nahm sich im süditalienischen Apulien das Leben, von seinen beiden Töchtern aber fehlt jede Spur.

Frau identifizierte eines der Mädchen

Eine Zeugin hatte laut dem Staatsanwalt die Nachbarkabine zu dem 43-jährigen Schweizer und seinen Mädchen belegt. Sie habe am Abend Kinderweinen gehört und kurz darauf die beiden blonden Mädchen gesehen. Eine der Sechsjährigen habe die Frau auch eindeutig identifiziert.

Nach der Überfahrt der Fähre von Marseille nach Korsika aber verliere sich die Spur der Zwillinge. Laut Dallest will ein älterer Zeuge im südkorsischen Hafen Propriano "von weitem" gesehen haben, wie ein Mann mit zwei kleinen Mädchen zu Fuß die Fähre verließ. Ob es sich tatsächlich um Alessia und Livia gehandelt habe, sei unklar.

Mutter wandte sich an Öffentlichkeit

Die Mutter der Zwillinge hat sich erstmals an die Öffentlichkeit gewandt und zur Hilfe bei der Suche nach ihren beiden Töchtern aufgerufen. Nach der Bekanntgabe der jüngsten Ermittlungsergebnisse der französischen Staatsanwaltschaft zeigte sie sich gefasst und vorsichtig optimistisch.

"Der Gedanke, dass sie gesehen wurden, hat etwas Ermutigendes", sagte die Frau in der Schweiz. Der Onkel der Sechsjährigen betonte: "Wir schöpfen wieder Hoffnung." Die französischen Ermittler hatte mitgeteilt, dass Augenzeugen die Mädchen und ihren Vater in der Nacht zum 1. Februar auf der Fähre in die südkorsische Hafenstadt Propriano gesehen haben wollen.

Am 30. Jänner entführt

Die Mädchen waren vermutlich am 30. Jänner von ihrem Vater entführt worden, der die Trennung von seiner Frau nicht verkraftet hatte. Einen Tag später schrieb der 43-Jährige in einer Karte aus Marseille an seine Frau, er sei verzweifelt und wolle ohne sie nicht leben. Von Marseille aus setzte er mit einer Fähre via Korsika nach Italien über. Am 3. Februar beging er in Apulien Selbstmord.

Am Dienstag waren die Ermittler noch davon ausgegangen, dass der Mann möglicherweise ohne seine Töchter geflüchtet war. Demnach hatte er sich ohne Ausweise der Kinder, ohne ihre Kleider und ohne Kindersitze im entwendeten Wagen seiner Frau auf den Weg gemacht. Tausende von Euro, die er in Marseille abgehoben hatte, schickte er per Post an seine Frau. Damit zerschlug sich die Hoffnung der Familie, er könnte mit dem Geld jemanden bezahlt haben, um auf seine Mädchen aufzupassen. (APA)