Graz - Gegen das generelle Bettelverbot, das die ÖVP heute, Mittwoch, trotz massiver Bedenken von Juristen im Unterausschuss des steirischen Landtages mit der SPÖ beschließen will, regt sich in der Bevölkerung massiver Widerstand. Im Landtag sind nur Grüne und KPÖ gegen den Gesetzesentwurf, der Betteln überall im Bundesland verbieten würde, es sei denn, einzelne Kommunen bestimmen Zonen, in denen es ausdrücklich erlaubt wird.

Der Grazer Menschenrechtsbeirat und Wolfgang Pucher, Pfarrer der Vinzenzgemeinschaft, dessen Petition (www.vinzi.at/petition.php) schon Tausende unterschrieben haben, bekamen nun noch gewichtige Unterstützung im Kampf für den Schutz bettelnder Menschen. Das Ökumenische Forum Christlicher Kirchen lehnt das Verbot geschlossen ab. Auch die Caritas und das Welthaus der Diözese Graz-Seckau, die Katholische Aktion Steiermark und die Arge Jugend gegen Gewalt und Rassismus warnen davor, jene Roma aus der Slowakei zu vertreiben, die seit rund 15 Jahren durch Betteln in Graz das Überleben ihrer Familien sichern. Sie weisen darauf hin, dass Bettler "kein Sicherheitsrisiko darstellen". Sogenanntes aggressives Betteln und Betteln von Kindern sind in der Steiermark seit Jahren verboten.

Hilfsprojekte für Roma

Die Vinzenzgemeinschaft initiierte auch schon in Hostice, der Heimatgemeinde der Roma, nachhaltige Hilfsprojekte. Etwa eine Nudelmanufaktur, in der Frauen Pasta produzieren, deren Erlös sie zur Hälfte bekommen. Doch ohne Betteln kämen die Roma, die in der Slowakei noch immer stark diskriminiert werden, nicht über die Runden, betonen die Gegner des Verbotes und stützen sich auf eine kürzlich an der Uni Graz erstellte Studie, die besagt, dass Betteln die soziale Lage für die Betroffenen und ihre Kinder verbessere.

Der Vorsitzende des Grazer Menschenrechtsbeirates, Völkerrechtler Wolfgang Benedek, appelliert an die Politik, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Bettelverbote in Salzburg und Wien abzuwarten. Wie berichtet, glauben Experten, dass diese gekippt werden. Auch die steirischen Grünen fordern, das Urteil abzuwarten und darüber hinaus, die genannten Institutionen im Unterausschuss als Konsulenten anzuhören, bevor über das Schicksal der Roma entschieden wird. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Printausgabe, 9.2.2011)