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"Tirol isch lei oans ...", aber sicher nicht mit Italien, finden viele Südtiroler.

Foto: APA/Südtiroler Schützenbund

Südtirol wird an den Feiern zum 150-jährigen Bestehen Italiens im März nicht teilnehmen. "Wir sind eine österreichische Minderheit", begründete SVP-Landeshauptmann Luis Durnwalder die Entscheidung. "150 Jahre Italien bedeuten für uns die Trennung vom Vaterland, die Angliederung an Italien, Faschismus sowie die Nachkriegszeit mit der Verweigerung der Selbstbestimmung."

Sein italienischer Stellvertreter Christian Tommasini vom Partito Democratico erklärte hingegen, dass er an den Feierlichkeiten sehr wohl teilnehmen werde. Seine Partei, Koalitionspartner der Südtiroler Volkspartei im Bozner Landtag, kritisierte Durnwalders Äußerungen als "deplatziert". Er versuche, das "Rad der Geschichte zurückzudrehen".

In Rom fühlte sich Verteidigungsminister Ignazio La Russa gar zur Feststellung bemüßigt, dass "Bozen mit Sicherheit in Italien liegt", und Turins Bürgermeister Sergio Chiamparino sprach von einer "schwerwiegenden Entscheidung".

Durnwalders Beschluss sorgt vor allem bei Südtirols Italienern für Irritation, bei denen letzthin bereits die Entscheidung von Kulturminister Sandro Bondi über die faschistischen Denkmäler für erregte Polemiken gesorgt hatte. Um einen Misstrauensantrag der Opposition zu überstehen, hatte Bondi die Unterstützung der SVP gesucht. Die hatte als Gegenleistung für ihre zwei Stimmen eine "Entschärfung" der faschistischen Mahnmale in Südtirol gefordert. Die prompte Zusage aus Rom wurde von der SVP als "historischer Erfolg" zelebriert. Die lokalen Repräsentanten der Regierungspartei PdL brandmarkten sie hingegen als "Verrat an der italienischen Sprachgruppe".

Autonomiepolitik "alla SVP"

Nun sollen das Siegesdenkmal in Bozen sowie drei Beinhäuser an der Grenze zu Österreich mit "erläuternden Schildern" versehen werden. Das von Karl Piffrader geschaffene Duce-Relief am italienischen Finanzamt soll beseitigt werden.

Erregte Proteste dagegen kamen nicht nur von der italienischen Rechten: Auch eine Gruppe internationaler Historiker warnte eindringlich davor, das umstrittene Fries mit dem reitenden Mussolini zu demontieren. Ein Ideenwettbewerb der Landesregierunng soll nun Auswege aus der selbstverschuldeten Sackgasse aufzeigen.

Die SVP hat letzthin begonnen, von ihrem rigiden Anti-Berlusconi-Kurs abzuweichen. Beim Vertrauensvotum in der Kammer enthielt sie sich der Stimme, und im Parlamentsausschuss stimmte sie sogar für die Föderalismus-Reform. Angesichts der wackeligen Mehrheit der Regierung versucht die Partei bei wichtigen Abstimmungen, autonomiepolitische Zugeständnisse zu erreichen - ein Ritual, das immer nach demselben Muster abläuft: Die Regierung verspricht Maßnahmen, gegen die ihr lokaler Ableger in Bozen regelmäßig Sturm läuft. Freilich scheiden sich die Geister nur selten an wirklich wichtigen Anliegen: So erhitzen sich die Gemüter beider Lager seit Jahren an der ungelösten Frage, ob die Hinweisschilder auf den Südtiroler Wanderwegen ein- oder zweisprachig sein sollen. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 9.2.2011)