Installation von Richard Hamilton, Lawrence Alloway und Victor Pasmore 1957 in der Ausstellung "an Exhibit" in der Hatton Gallery im nordenglischen Newcastle upon Tyne.

Foto: Richard Hamilton / Generali Foundation

Wien - Wenn es eine Wiener Kunstinstitution gibt, die um sich selbst kreist, dann ist es die Generali Foundation. Ihr unermüdlicher Spiegelblick ist aber weniger eitel als durch die institutionskritischen Künstlerstammgäste bedingt, deren Steckenpferd die Analyse der Rahmenbedingungen von Kunstproduktion und -präsentation ist. Die aktuelle Gruppenschau unExhibit will nun sogar als Ausstellung über das Nichtausstellen funktionieren.

Diese paradoxe Idee hatte der britische Künstler Richard Hamilton und seine Kollegen der "Independent Group" bereits 1957, als sie in der Show an Exhibit anstelle von Kunstwerken nur leere bunte Paneele aufhängten. Auf den historischen Ausstellungsansichten, die in der Generali Foundation den Auftakt zur Schau bilden, muten diese leere Flächen wie abstrakte Gemälde an.

"No objects, no ideas" lautete damals die radikale Forderung, die noch heute schwer einzulösen ist. Hamilton hat in den Rauminszenierungen von Duchamp, Kiesler oder El Lissitzky modernistische Vorläufer, auf die sich auch zeitgenössische Installationskunst in den letzten Jahren über Gebühr berufen hat.

Einen Brennpunkt der jetzigen Schau bildet die Architektur, genauer: die zentrale Betonwand der Halle. Mehrere der eingeladenen Künstler wollten die massive Mauer wegreißen, mussten sich aber eines Besseren belehren lassen. Der Niederländer Willem Oorebeek überzieht die Wand nun mit einem Punktraster à la Roy Lichtenstein, das beim Hinsehen optische Effekte auslöst. Heimo Zobernig baute - gleichsam als Doppelgänger - einen gleichdimensionierten Raumtrenner aus silbernem, im Bühnenbau gebräuchlichem Textilgewebe ein. Für die Besucher wird der neue Wall zur Hürde, durch den sie aber hindurchsehen können.

Den Kuratorinnen Sabine Folie und Ilse Lafer ist freilich bewusst, dass "Display" heute schon ein reichlich abgegriffenes Thema ist. Im Begleitheft wird häufig der Begriff "Opazität" verwendet. Ursprünglich ein physikalisches Maß für Lichtundurchlässigkeit, erforscht die neuere Medientheorie unter diesem Terminus bewusst eingesetzte Störungen der Klarsicht und Verständlichkeit. Momente von Trübung, Abwesenheit und Verweigerung stellen, im Vergleich zum Display, spannendere Facetten ihrer Auswahl dar.

So bringt etwa Maria Eichhorn Ideen für eine Ausstellung in weißer Schrift an die weiße Wand und türmt in der Installation Die ungeöffnete Post des Max Foster die Briefe einer fiktiven Person auf. Am anschaulichsten kommen die opaken Qualitäten aber in Ann Veronica Janssens' Installation sans soleil zur Geltung. Aus ihrer Videosammlung zeigt die Künstlerin etwa Ausblicke aus Sternwarten oder Meeresansichten bei totaler Sonnenfinsternis.

Sternschnuppen-Kreationen

Ein Highlight ist das Footage-Material eines Fußballmatches im Nebel: Die Spieler tauchen im Weiß auf und verschwinden wieder darin. Mit Lichtzeichnungen knüpft Janssens an historische Fotoexperimente an, kreiert ihre eigenen Sternschnuppen aber mit der Leuchtkraft des Jupiters. Eine ähnliche Umkehrung von Statik und Bewegung vollführt auch Maya Derens Film The very Eye of Night von 1958, in dem sich Tänzer geisterhaft auf einer Sternenhimmelkulisse drehen.

Das Hoch auf die Verschlüsselung fungiert in unExhibit zum Teil leider als kuratorischer Freibrief, um favorisierten Positionen Raum zu geben, auch wenn sie gar nicht so gut passen. Das gilt etwa für Willem Oorebeeks kryptische Personenansammlung der Wandarbeit Vertical Club oder auch für Mathias Polednas Installation 1991, die fast identische Diabilder eines gestylten Models zeigt.

Bei aller Selbstreflexion galt die Generali Foundation in der Vergangenheit als Hort politischer Kunst. Mittlerweile scheint sich die Tür vom Spiegelkabinett hinaus in die Welt leise geschlossen zu haben. (Nicole Scheyerer, DER STANDARD - Printausgabe, 9. Februar 2011)