Rangun - Die von den Militärmachthabern unterdrückte burmesische Demokratiebewegung hat den Westen aufgefordert, bei einer möglichen Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen das Regime nicht leichtfertig vorzugehen. Die behördlich aufgelöste Nationale Liga für die Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi verlangt, es müssten Bedingungen für die Aufhebung der Sanktionen gestellt werden, vor allem die Freilassung politischer Gefangener. Die NLD hat in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung die USA, die EU, Kanada und Australien zu einer Diskussion darüber eingeladen, "wann, wie und unter welchen Umständen die Sanktionen verändert werden können". Sie schlug eine umfassende Untersuchung der Auswirkungen der Sanktionen auf die burmesische Bevölkerung vor.

Regime nicht "durch rosa Brille sehen"

Suu Kyi hatte die US-Regierung eindringlich davor gewarnt, das Militärregime nach ihrer Freilassung durch "die rosa Brille" zu sehen. Viele Burmesen hätten den Eindruck, dass die USA den Dialog mit der Junta suchten und "sich von uns abwenden", sagte die Friedensnobelpreisträgerin in einem CNN-Interview. Washington sollte die Augen offenhalten und "sehen, was wirklich vor sich geht". Dem Regime werden schwerste Menschenrechtsverstöße zur Last gelegt, insbesondere Zwangsarbeit, Folter, brutale Verfolgung von Angehörigen ethnischer Minderheiten und Missbrauch von Kindersoldaten. Im UNO-Sicherheitsrat waren die USA und Großbritannien mit einer gegen die Junta gerichteten Resolution am Veto Russlands und Chinas gescheitert.

Suu Kyi bleibt auch nach der Aufhebung ihres Hausarrests im Vorjahr von jeder politischen Betätigung ausgeschlossen. Die 65-Jährige hat 15 der vergangenen 21 Jahre in Haft oder unter Hausarrest verbringen müssen. Die NLD hatte 1990 Wahlen zu einer Verfassunggebenden Nationalversammlung mit Vierfünftelmehrheit gewonnen, doch hatten die Streitkräfte die Machtübergabe verweigert und das Wahlergebnis annulliert. Zuletzt scheiterte die NLD vor dem Obersten Gerichtshof mit einem Einspruch gegen ihre von der Junta verfügte Auflösung. Nach den Bestimmungen des Parteiengesetzes hätte die NLD ihre eigene Vorsitzende ausschließen müssen, um sich behördlich registrieren lassen zu können. Die Nichtregistrierung hatte automatisch die Auflösung der Partei zur Folge.

Manipulierte Wahlen

Aus den manipulierten Wahlen vom November ging die Junta-Partei "Union für Solidarität und Entwicklung" (USDP) mit 80 Prozent der Parlamentsmandate als Siegerin hervor. Premierminister Ex-General Thein Sein (65) wurde vergangenen Freitag von einem Wahlkollegium zum ersten Präsidenten auf der Grundlage der 2008 erlassenen Verfassung gewählt, der langjährige Juntachef Generalissimus Than Shwe (77) bleibt Armeechef. Ein Viertel der Parlamentssitze und mehrere Schlüsselressorts in der Regierung sind den Streitkräften vorbehalten. Darüber hinaus sitzen über siebzig hohe Offiziere, die - wie Thein Sein - offiziell aus der Armee ausgeschieden sind, als "Zivilisten" im Parlament, das nur einmal jährlich tagt.

Die NLD argumentiert, die westlichen Sanktionen hätten keine negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Menschen im Land. Die Lage der Bevölkerung würde sich verbessern, wenn sich die Unternehmen, die bereits in Burma investiert haben, an Richtlinien zum Umweltschutz und zur Verbesserung der Rechte von Arbeitnehmern hielten. Die USA verbieten Geschäfte mit Firmen, die der Junta nahestehen, außerdem haben sie Guthaben von Junta-Mitgliedern und deren Firmen eingefroren. Die EU hat ebenfalls Guthaben von Junta-Mitgliedern und deren Firmen eingefroren, lässt aber vereinzelt Handel und Investitionen in dem südostasiatischen Land zu, etwa im Ölsektor. Sehr umstritten sind die Aktivitäten des Konzerns Total in Burma und die enge Kooperation des Konzerns mit der Militärdiktatur. Diese hat nach Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen Land entschädigungslos beschlagnahmt und Bauern der Zwangsarbeit für die Öl- und Gasleitung unterworfen. (APA)