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Geht es nach Regierungschef Viktor Orbán, soll 2011 für Ungarn das "Jahr der Erneuerung" werden.

Foto: AP/Szandelsky

Der ungarische Fidesz-Regierungschef rechnet in seiner "Rede zur Lage der Nation" mit acht Jahren sozialistischer Regierung ab. Details zur Sanierung der Staatsfinanzen werden erst am Montag im Parlament präsentiert.

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Budapest - Keine Drohungen, aber Katastrophenstimmung: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán will sein Land mit einem "Fünfjahresplan" vor dem "Abgrund" retten. Das Land befinde sich in einem Prozess der Erneuerung, sagte der konservative Regierungschef in einer von nationalem Pathos getragenen Rede.

Jedes Jahr bis 2014 markiere eine Etappe. 2012 werde das Land "durchstarten" und sein Gleichgewicht wiederherstellen. 2010 sei das "Jahr des Bündnisses" gewesen, 2011 werde "Jahr der Erneuerung" . 2014 schließlich werde der Gewinn eingefahren werden. Die Erneuerung des Landes sei "Kampf und Sendung" . In den acht Jahren der sozialistischen Regierung habe Ungarn "auf dem Kopf gestanden, und harte Arbeit sei mit Spekulation vergolten worden. Die neuen Strukturen dagegen würden "harte Arbeit und Ehrlichkeit" wieder belohnen.

Details vermied Orbán in seiner mit Spannung erwarteten Ansprache im Budapester Millenaris-Park. Reden "zur Lage der Nation" sind eine Tradition, die der Vorsitzende der rechtskonservativen Fidesz-Partei aus der Opposition mitgebracht hat. Erst am kommenden Montag im Parlament will Orban einen genauen Plan zur Sanierung der Staatsfinanzen vorlegen. Das Haushaltsdefizit soll mit Ausgabenkürzungen und zusätzlichen Einnahmen um 2,4 Milliarden Euro verringert werden.

Einstweilen markierte Orbán mit der Einführung einer "proportionalen Steuer" und der "Rettung des Rentensystems" nur die Eckpunkte. "Wenn wir die Lawine der Staatsverschuldung nicht brechen" , so Orbán, "dann werden wir von ihr weggeschwemmt" . Sein Plan sei "die letzte Chance vor dem Abgrund" . Jeder, der arbeiten könne, müsse es auch tun. Der Staat werde in Zukunft nur noch für die aufkommen, die nicht arbeiten könnten. Nur mit Arbeit werde das Land aus seinen Schulden herausfinden. Griechenland liege schon "auf dem Bauch" , Irland "auf den Knien" . Das ungarische Volk dagegen wolle "sein eigener Herr bleiben" .

Ungarischer Geist

Nicht bloß eine Verfassungsreform, sondern dem Wortlaut nach "eine neue Verfassung" stellte der Premier in Aussicht. Die gegenwärtige Verfassung sei "unter Druck" entstanden, beruhe auf der Grundlage des "sowjetischen Modells" und sei nicht von "ungarischem Geist getragen" , sagte Orbán. Mit seinem Wahlsieg im vergangenen Jahr sei nun der "ungarische Geist aus der Flasche gelassen" . Ungarn beruhe auf der Revolution von 1956, die in der Verfassung aber gar nicht erwähnt sei. Seit der Wahl im vergangenen April regiert Orbáns Partei mit Zweidrittelmehrheit.

Ungarn will bereits in diesem Jahr damit beginnen, die im Zuge der Finanzkrise gewährten Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Union zurückzuzahlen. Budapest hatte 2008 als erstes europäisches Land eine Kreditlinie von IWF und EU erhalten, nachdem das Land infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise in Zahlungsprobleme geraten war und die Landeswährung Forint massiv an Wert verloren hatte. Die Kreditlinie belief sich auf insgesamt 20 Milliarden Euro. (Norbert Mappes-Niediek/DER STANDARD, Printausgabe, 8.2.2011)