Bild nicht mehr verfügbar.

Amr Mussa, der Star-Diplomat

Foto: EPA PHOTO AFPI/MENA/HO

Kairo - Amr Mussa (Moussa) gilt in der arabischen Welt als Star-Diplomat. Vor zehn Jahren wechselte der Ägypter vom Amt des Außenministers seines Landes zum Chef der Arabischen Liga. Schon damals waren Stimmen laut geworden, die in dem Wechsel eine gezielte Verdrängung Mussas von der politischen Bühne Ägyptens sahen - und die Furcht der Regierung von Präsident Hosni Mubarak vor der großen Beliebtheit Mussas im ägyptischen Volk. Mit den Protesten der Ägypter gegen die seit drei Jahrzehnten andauernde Herrschaft Mubaraks hat auch Mussa eine Rückkehr in die Politik seines Landes gewagt - und nicht ausgeschlossen, eine größere Rolle bei den politischen Umwälzungen zu spielen.

Der 74-jährige Ägypter, dessen Mandat als Generalsekretär der arabischen Liga in zwei Monaten ausläuft, profitiert von der Aufbruchstimmung in seinem Land. Seit dem Antritt des Liga-Vorsitzes ist seine Beliebtheit im Heimatland weiter gestiegen, was vor allem auf seine kritische Haltung gegenüber Israel und den USA zurückzuführen ist. Schon in seiner Funktion als Außenminister in den Jahren 1991 bis 2001 verfolgte Moussa eine von der ägyptischen Öffentlichkeit geschätzte Kampagne gegen das israelische Atomprogramm. Auch seine strikte Ablehnung einer wirtschaftlichen Integration Israels im "größeren Nahen Osten" hat ihm die Sympathien der arabischen Welt eingebracht.

Seine Kritik an der "Hast" bestimmter arabischer Staaten, eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel anzustreben, sowie seine häufigen Wortgefechte mit den Israelis haben ihn zum "Mann, der nein zu Israel sagen kann", werden lassen. Bei den ägyptischen Präsidentschaftswahlen 2005 wurde Mussa in informellen Umfragen und Internet-Blogs zum Favoriten für das höchste Amt im Staat erklärt, obwohl er selbst nicht die Absicht hatte, mit dem seit 1981 herrschenden Mubarak in Konkurrenz zu treten, und folglich nicht kandidierte.

Bei einem Auftritt im Stadion von Kairo beim Finale des Afrika-Cups 2006 wurde Mussa von etwa 100.000 Ägyptern mit stürmischem Beifall empfangen. Die Berater Mubaraks legten laut arabischen Diplomaten in Kairo die Ankunft des Präsidenten im Stadion mit dem Einzug der Nationalmannschaft zusammen, um dem Staatschef eine vergleichbare Begrüßung zukommen zu lassen. "Sollte er eines Tages bei den Präsidentschaftswahlen antreten, und sollten es freie Wahlen sein, ist ihm der Sieg sicher", sagte schon damals ein arabischer Diplomat zu den Chancen des Karrierediplomaten Mussa.

Während er in der arabischen Welt und seinem Heimatland ungemein beliebt ist, wird Mussa wegen seiner kritischen Haltung gegenüber den USA und Israel vom Westen entsprechend wenig geschätzt. Während arabische Führer nach Beginn der tunesischen Revolution ein Übergreifen der Proteste fürchteten, war es Mussa, der die Demonstranten unterstützte.

Als er am 19. Jänner bei einem arabischen Wirtschaftsgipfel erklärte, die tunesische Revolte zeige "die noch nie dagewesene Wut und Frustration", welche die arabische Welt beherrsche, kam dies einer Sensation gleich. Auf ein positives Echo in der arabischen Öffentlichkeit stieß seine Erklärung: "Die arabische Seele ist an der Armut, der Arbeitslosigkeit und den abnehmenden Anzeichen von Entwicklung zerbrochen."

Am 1. Februar sicherte Mussa den Jugendlichen in Kairo zu, sie bei ihren Protesten und Forderungen zu unterstützen. "Ich stehe meinem Land zur Verfügung", sagte der 74-Jährige dem Radiosender Europe 1. Zwar müssten die politischen Entwicklungen abgewartet werden, aber: "Ich bin bereit, zu dienen, wie ein Bürger, der das Recht hat, als Kandidat anzutreten."

Erst kürzlich sagte Mussa, es sei Zeit für einen "friedlichen Übergang" in Ägypten, und er hoffe, das Land gehe "von einer Ära in eine andere" über. Als sich Mussa am Freitag zu den Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo begab, riefen einige: "Los Mussa, nimm' die Dinge in die Hand." (APA/AFP)