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Hoch die Tassen! Der Hochzeitstag von William und Kate wurde praktischerweise zum Feiertag erklärt.

Foto: REUTERS/Paul Hackett

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Falls Kate Middleton vor der Hochzeit im April noch abspringt, hätte Prinz William wohl rasch eine neue Braut an der Hand: Studentinnen des Royal College of Art proben für den Ernstfall.

Foto: AP/Matt Dunham

Wien - Kaum gingen die ersten Bilder von dem berühmten diamantgefassten Saphir-Ring um die Welt, brach auch schon die Debatte los. Ist es nun die rührende Geste eines jungen Mannes, der als Kind seine Mutter bei einem Autounfall verloren hat? Oder ist es ein ganz böses Omen, dass Prinz William seiner Kate den Verlobungsring von Prinzessin Diana an den Finger gesteckt hat? Seit der Bekanntgabe der Verlobung ist nicht nur Williams Großmutter Queen Elizabeth "absolut entzückt", auch die Ehe-Propheten und Kitsch-Aficionados laufen zur Höchstform auf.

Die Mitglieder der Königsfamilien sind nicht demokratisch legitimiert, haben keine Macht und erhalten fette Apanagen aus den Steuertöpfen - dennoch faszinieren Europas Herrscherhäuser Millionen von Menschen, besonders, wenn sie sich zu royalen Großereignissen versammeln.

Bürgerliche Bräute

2011 ist für Adels-Fans ein aufregendes Jahr: Mit Prinz William heiratet am 29. April die Nummer zwei in der englischen Thronfolge seine Freundin aus Studentenzeiten, die bürgerliche Kate Middleton. Und Albert von Monaco, immerhin ein Fürst, tritt am 2. Juli mit der südafrikanischen Schwimmerin Charlene Wittstock vor den Traualtar. Von anderen adeligen Familien - etwa der schwedischen - darf man sich zumindest Nachwuchs erhoffen.

Es werden aber nicht nur treue Abonnentinnen diverser Herz-Schmerz-Blätter weltweit zu den Taschentüchern greifen, wenn William und Kate über den roten Teppich in der Westminster Abbey schreiten. Was macht also das royale Faszinosum aus, das sogar eingefleischte Monarchiegegner vor die Fernsehgeräte zieht? Für den Philosophen Konrad Paul Liessmann hat es vor allem mit der jahrhundertelangen Tradition der Königshäuser zu tun: "In einer sich unglaublich schnell verändernden Welt stechen Kontinuitäten hervor. Um sinngemäß Theodor Adorno zu zitieren: Das Faszinierende an Adelsgeschlechtern ist, dass Weltgeschichte bei ihnen als Familiengeschichte gelesen werden kann." Gerade in einer demokratischen Gesellschaft könnten nicht nur Role-Models, sondern auch das Gegenteil davon zum Idol werden. "Idole sind der Stachel im Fleisch einer modernen, säkularen, traditionslosen Gesellschaft. Sie befriedigen die illegitim gewordene Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen, Übermenschlichen, Heiligen auf eine profane Weise", schreibt Liessmann in seinem Buch Das Universum der Dinge.

Selbst emanzipierte Frauen, sagt Eva Flicker, Mediensoziologin an der Uni Wien, seien vor dem Wunsch, einmal im Leben eine Prinzessin zu sein, nicht gefeit - "auch wenn das einem feministischen Weltbild widerspricht". Dass nahezu alle europäischen Königskinder mittlerweile Bürgerliche heiraten, stärke das Band zwischen den Adeligen und ihren Untertanen. "Für mediale Inszenierungen ist das ein gut zu vermarktendes Bild - das alte Aschenputtelthema."

Prinz, Prinzessin, Märchen-Trauung - bei globalen TV-Hochämtern wie der Hochzeit in Großbritannien würden Urthemen aufgegriffen, meint Veronika Dirnhofer, Professorin an der Akademie der bildenden Künste: "Aus diesem Grund sind auch Shakespeare-Stücke noch immer aktuell."

Jede Inszenierung brauche aber auch Publikum, und den Menschen sei durchaus bewusst, dass es sich um Inszenierungen handle, ist Dirnhofer überzeugt. Zudem sei die virtuelle Realität zeitgemäß: "Wir leben in einer Gesellschaft der Selbstinszenierung."

Die Königshäuser bedienen sich selbst zunehmend der Hochglanzmagazine. Vor kurzem ließ sich das dänische Kronprinzenpaar Mary und Frederik samt Kindern in einer Homestory de luxe in der Vogue als Sammler moderner Kunst ablichten. "Die Bilder haben sich in ihrer Ästhetik in keinster Weise von den Modestrecken in diesem Magazin unterschieden", sagt Dirnhofer.

Willkommene PR

Nicht zuletzt kommen medientaugliche Ereignisse wie die Hochzeit von William und Kate auch den häufig krisengebeutelten Regierungen ihre Länder PR-mäßig nicht ungelegen. Der britische Premier David Cameron ließ den 29. April flugs zum Feiertag erklären, und dass an diesem Tag alle Pubs bis ein Uhr morgens geöffnet haben dürfen, wird ihm ebenfalls nicht schaden.

Insgesamt seien Royals "heute mehr Märchenfiguren als politische Instanzen", meint Soziologin Flicker, und auch für den Philosophen Liessmann muss man sich um die demokratische Gesinnung von Adels-Fans keine Sorgen machen: "Das ist für die Menschen ein gefahrloser Luxus - die Betrachtung der Weltgeschichte aus der Kammerdienerperspektive." (Bettina Fernsebner-Kokert/ Andrea Heigl/DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.2.2011)

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