Aktuelles Bild von NGC 3621, erstellt aus Daten des Wide Field Imager

Foto: ESO und Joe DePasquale

Garching - 22 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Hydra scheint es ein nach kosmischen Maßstäben gemessen angenehm ruhiges Winkerl zu geben: Darauf deutet jedenfalls die Gestalt der Spiralgalaxie NGC 3621 hin. Sie hat eine platte, palatschinkenartige Form ohne eine zentrale Verdickung (einen sogenannten "Bulge") und stellt damit den im bisherigen Galaxien-Katalog noch recht seltenen Fall einer "Pure-Disc-Galaxie" dar, auch wenn neuere Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass Pure-Disc-Galaxien durchaus häufig sein könnten.

Die Form ist ein Indiz dafür, dass diese Galaxie bislang ein weitgehend ungestörtes Leben geführt hat: Ein Zusammenstoß mit einer anderen Galaxie hätte die dünne Scheibe aus Sternen durcheinander gebracht und einen Bulge erzeugt. Die meisten Astronomen gehen davon aus, dass Verschmelzungen mit anderen Galaxien der natürliche Mechanismus sind, durch den Galaxien im Laufe der Jahrmilliarden immer größer werden. Im Laufe eines solchen sogenannten "hierarchischen Wachstums" sollten sich insbesondere große Bulges in den Zentren von Spiralgalaxien ausgebildet haben. 

Guter Einblick

NGC 3621 ist für die Astronomen auch deshalb so interessant, weil sie uns nahe genug ist, dass man eine Vielzahl von astronomischen Objekten innerhalb der Galaxie im Detail untersuchen kann, etwa Sternentstehungsgebiete, Staubwolken und so genannte Cepheiden: extrem leuchtstarke Riesensterne mit regelmäßiger Pulsation. Diese Art veränderlicher Sterne hat in der Astronomie große Bedeutung, da sie Entfernungsbestimmungen ermöglichen. Ende der 90er Jahre wurde NGC 3621 daher zusammen mit 17 anderen Galaxien für ein Kernprojekt des Hubble-Weltraumteleskopes ausgewählt, bei dem Cepheiden in diesen Galaxien beobachtet wurden. Durch die Kalibration der Entfernungsskala mit Hilfe dieser Messungen konnte die Expansionrate des Universums genauer bestimmt werden als je zuvor. In NGC 3621 konnten die Astronomen 69 Cepheiden erfolgreich vermessen.

Die hier gezeigte Aufnahme entstand mit Hilfe des Wide Field Imager am MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop am La Silla-Observatorium in Chile. Die zugrundeliegenden Daten suchte Joe DePasquale im Rahmen des Bilderwettbewerbs "ESO's Hidden Treasures" aus dem ESO-Datenarchiv heraus und erstellte daraus dieses Bild, das bei dem Wettbewerb den vierten Platz belegte. (red)