Washington - Und sie bewegen sich doch: Die riesigen Sanddünen auf dem Mars sind nicht, wie bisher vermutet, zu Eis erstarrt, sondern werden permanent umgeformt, fand ein Forscherteam aufgrund von Fotos der "Mars Reconnaissance Orbiter"-Raumsonde heraus.

Die Sanddünen in der nördlichen Polarregion des Mars bedecken mit 845.000 Quadratkilometern eine riesige Fläche. Bislang nahmen Planetenforscher an, dass die ausgedehnten, erstarrten Dünen vor langer Zeit geformt wurden, als es auf dem Mars stärkere Winde gegeben haben soll als heute. Seitdem hätten sie sich kaum verändert.

Foto: NASA/JPL/University of Arizona

Neue Bilder der Kamera des "High Resolution Imaging Science Experiment" (HiRISE) an Bord der NASA-Raumsonde erzählen jedoch eine andere Geschichte: "Dünen in der nördlichen Polarregion des Mars zeigen innerhalb nur eines Marsjahres erhebliche Veränderungen", so Nicolas Thomas von der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern und Mitglied des HiRISE-Teams. Die Studienergebnisse sind im Wissenschaftsjournal "Science" (Bd. 331, S. 575) erschienen.

Foto: NASA/JPL/University of Arizona

Die Ursache? Eine Schicht aus gefrorenem Kohlendioxid, auch als Trockeneis bekannt, das die Polarregion im Winter überzieht, ist für die jährlich wiederkehrenden Erosionsprozesse an den Dünen verantwortlich: "Das gefrorene Kohlendioxid geht im Frühling vom festen in den gasförmigen Zustand über. Diese so genannte Sublimation destabilisiert den Dünensand, so dass es zu Sandlawinen kommt, und sich die Oberfläche neu strukturiert", so Thomas.

Foto: Science/AAAS

Das internationale Team verglich HiRISE-Bilder, die während mehr als zwei Marsjahren – was etwa vier Erdjahren entspricht – aufgenommen wurden. Dabei stellte sich heraus, dass die Dünen in höheren Breiten durchaus Veränderungen unterliegen und somit keineswegs stark verkrustet oder zu Eis erstarrt sind. Das Ausmaß der Erosion innerhalb nur eines Jahres ist gemäß den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstaunlich: An einigen Stellen seien Hunderte von Kubikmetern Sand als Lawinen am Dünenhang abgegangen.

Foto: Science/AAAS

Besonders überraschend war die Entdeckung, dass Spuren vergangener Sandlawinen innerhalb nur eines Marsjahres durch wellenförmige Bewegungen teilweise ausgelöscht werden können. Denn die von Modellen der Marsatmosphäre vorhergesagten Windgeschwindigkeiten reichen nicht aus, um Sandpartikel anzuheben. Außerdem zeigen Daten von Mars-Landeeinheiten, dass starke Winde in niedrigeren Breiten seltene Ereignisse sind.

Die Forschenden vermuten deshalb, dass es das polare Wetter ist, das häufiger zu hohen Windgeschwindigkeiten führt. Sie erhoffen sich von künftigen Abbildungen der HiRISE-Kamera, die seit 2006 den Mars umkreist, weitere Erkenntnisse zur Rolle des Windes im gegenwärtigen Mars-Klima. Denn das Verständnis heutiger Veränderungen sei ein wichtiger erster Schritt, um grundlegende Prozesse auf Planeten aufzudecken und verstehen zu können, wie sich das Klima auf dem Mars über die Zeit verändert hat. (red)

Abstract
Science: Seasonal Erosion and Restoration of Mars' Northern Polar Dunes

Die oberen Aufnahmen - eine zeitliche Serie dreier Dünenregionen (von links nach rechts) - zeigen die Veränderungen innerhalb eines Marsjahres. Es sind Schwarz-Weiß- und Falschfarbenaufnahmen.

Foto: Science/AAAS