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Föderalismusminister Umberto Bossi (re.) konnte sich im Parlamentsausschuss mit seinen Reformplänen nicht durchsetzen. Premier Silvio Berlusconi (li.) steht politisch und juristisch weiter unter Druck.

Foto: EPA/BOLZONI DAVIDE

Alles vergebens: das nächtliche Ringen um einen Kompromiss, die hektischen Verhandlungen, die Intervention des Regierungschefs. Um 14.02 Uhr schlug für die Lega Nord am Donnerstag im römischen Parlament die Stunde der Ernüchterung. Der zuständige Parlamentsausschuss lehnte die föderalistische Reform Italiens ab und erteilte damit dem wichtigsten Vorhaben der Partei eine rüde Abfuhr. Die Abstimmung endete mit 15 zu 15 Stimmen - nach Geschäftsordnung gelten Gesetze bei Stimmengleichheit als abgelehnt.

Bis zuletzt hatte das Rechtsbündnis um die entscheidende Stimme des Ökonomen und Ex-Staatssekretärs Mario Baldassari geworben. Doch der Vertreter von Finis Partei "Futuro e Libertá" ließ sich ohne die von ihm geforderten Änderungen am Text nicht umstimmen. Unmittelbar nach dem Votum traf sich Premier Silvio Berlusconi mit den Lega-Ministern und der Parteispitze.

Die rechtspopulistische Lega Nord, die tags zuvor im Fall einer Ablehnung mit Regierungskrise und Neuwahl gedroht hatte, wollte sich zunächst nicht äußern. Während die Opposition von einer "schweren Niederlage der Regierung" sprach und entsprechende Konsequenzen forderte, wertete das Rechtsbündnis die Schlappe lediglich als Betriebsunfall. Bei der Entscheidung des Ausschusses handle es sich bloß um ein Gutachten. Der Text könne in seiner ursprünglichen Fassung vom 6. August 2010 erneut vom Ministerrat genehmigt und ans Parlament weitergeleitet werden.

Nur wenige Stunden später stand in der Abgeordnetenkammer eine weitere für Berlusconi wichtige Entscheidung an. Abgestimmt wurde über den Antrag der Staatsanwälte, eine Hausdurchsuchung beim privaten Buchhalter des Regierungschefs durchzuführen. Es wurde erwartet, dass das Parlament eine Stellungnahme mit der Begründung verweigert, die Staatsanwälte seien nicht für Ermittlungen gegen Berlusconi zuständig. Die Befugnis liege beim "Ministertribunal", das aus Mailänder Richtern besteht und über Amtsvergehen von Regierungsmitgliedern entscheidet.

Kommt die erwartete Parlamentsmehrheit zustande, könnte Berlusconi in seinem Kampf gegen die Mailänder Staatsanwälte einen ersten Etappensieg verbuchen. Denn das von ihnen angepeilte verkürzte Verfahren kann nur auf Amtsmissbrauch, nicht aber auf Prostitution Minderjähriger angewandt werden.

Auf den Premier kommen demnächst aber weitere Verfahren zu. So wird am 28. Februar ein Prozess um Schwarzgeld und Steuerbetrug im Mediaset-Konzern wiederaufgenommen. Am 5. März beginnt das Verfahren um den getürkten Verkauf von Filmrechten durch die Gesellschaft Mediatrade. Die Staatsanwälte haben zudem ein Konto entdeckt, von dem hohe Summen an Berlusconis drei Mitangeklagte und an Showgirls geflossen sein sollen, die an seinen Partys teilgenommen haben.  (Gerhard Mumelter aus Rom, STANDARD-Printausgabe, 04.02.2011)