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Wolfgang Schüssel und Karl-Heinz Grasser (Bild): Es gilt die Unschuldsvermutung.

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Wien - Ein weiteres Abhörprotokoll eines Telefongesprächs zwischen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) und seinem Freund Walter Meischberger haben nun die Grünen in einer parlamentarischen Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) veröffentlicht. In dem Telefonat besprechen Meischberger und Grasser das Angebot eines Staatspolizisten, gegen 5.000 Euro Informationen zum Buwog-Verfahren zu beschaffen. Für die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser handelt es sich dabei um den "klassischen Versuch der Bestechung". Die Abhörprotokolle umfassen "zahlreiche Hinweise auf illegale Einflussnahme auf das Buwog-Verfahren", so die Anfrage. "Der ehemalige Finanzminister steht also in massivem Verdacht der Bestimmungstäterschaft zum Amtsmissbrauch."

Grasser und Meischberger haben stets alle Vorwürfe zurückgewiesen, es gilt die Unschuldsvermutung.

"Wurde die Verhängung der U-Haft gegen Karl-Heinz Grasser wegen Verabredungs- und/oder Vertuschungsgefahr in Erwägung gezogen?", heißt es in der Grünen-Anfrage. Laut dem Magazin "Format", das die Anfrage in der neuen Ausgabe in großen Teilen veröffentlicht, geht es um "Absprachen" zwischen Grasser und Meischberger, obwohl Grasser öffentlich behauptet habe, er habe den Kontakt zu Meischberger seit Bekanntwerden der Buwog-Vorwürfe im Herbst 2009 abgebrochen. Laut Abhörprotokoll nennt Meischberger auch Details aus der Hausdurchsuchung beim Baukonzern Porr, wo bei der Suche nach Rechnungsunterlagen der ganze Datenserver mitgenommen worden sei.

5.000 Euro

Beim Telefonat vom 28. Jänner 2010 abends wurde laut Telefonüberwachungsprotokoll Meischbergers Handy abgehört. Ein Freund habe ihm das Angebot eines Staatspolizisten übermittelt, der gegen 5.000 Euro Informationen zum Buwog-Verfahren beschaffen könne, schildert er Grasser. "Dieser Typ hat angeboten, den ganzen Kontakt zum STA Menschen (Staatsanwalt, Anm.), der die Dinge bearbeitet, von wo er die Information hat, herzustellen und den ganzen Verhandlungsstand uns zu geben, verbunden mit den Tipps auf was wir vielleicht aufpassen sollen.....für Geld." Es gehe um 5.000 Euro. "Viel Geld ist es nicht", meint Meischberger, "aber eigentlich nichts". Aber es sei Beamtenbestechung, ist Meischberger bewusst.

Grasser reagiert nach einer "Gedankenpause", wie es im Protokoll heißt, zunächst empört: "Ich bin irgendwie sprachlos bei den Dingen, die du mir sagst. Dass das Land so korrupt ist und so beschissen funktioniert und so politisch gelenkt ist, macht mich wirklich sprachlos". Meischberger könne es nur als "Falle" aufbauen "und ein Mikrophon umhängen in irgendeiner Form, das mitrennt, wo du jederzeit den Beweis führen kannst dass du sozusagen das nie machen wolltest."

Nun schlägt Grasser seinem Freund vor, dass er das Angebot mit jemandem - der im Protokoll nicht genannt wird - berede. Mit diesem habe er schon telefoniert, und dieser sage, "dafür brauchen wir gar nicht bezahlen, da haben wir alle Zugänge", schildert Meischberger, weil "B... sich angeboten hat, jederzeit mit ihm zu W.... zu gehen und alle Dinge zu klären. Er hat heute lange mit B... geredet und B.... hat eine enge Verbindung zu W... und die W... ist die Oberaufseherin vom D..... .". Grasser antwortet, "Ok, a so, sie ist die Chefin vom D... Sie ist die leitende Staatsanwältin. Ah, Ok", und Meischberger bestätigt, "Ja, da haben wir beste Zugängen übern B.....". Grasser geht darauf ein, "Na gut, das wäre gut, wenn B..... mal auslotet, was da dahinter steht, was da läuft". Offenbar soll also über Bekannte oder Freunde Information zum Verfahren beschafft werden.

Sinnieren

Die beiden sinnieren über die Motivation der Ermittler, und während Grasser vermutet, dass etwas "politisch dahintersteckt", vielleicht von SPÖ-Seite, wehrt Meischberger ab, "das glaub ich auf keinen Fall, dass es so direkt politisch gesteuert ist. .... Wenn dann ist es ein vorauseilender Gehorsam".

Zum 5.000-Euro-Angebot des Staatspolizisten erwägt Grasser schließlich, "dass man das nur so machen kann, dass man vorher einen Notariatsakt" anlege und dann medial in die Offensive gehe, "wenn es eine Falle ist, eine Gegenfalle daraus zu machen". Meischberger bringt einen anderen Vorschlag: "oder du zahlst und gehst hin und schickst einen anderen hin und gehst nicht selber". Dann könnte man zu einer Information kommen, "die uns weiterhilft". Grasser zieht das in Erwägung: "Wie immer, da kann man nachdenken.....".

Schließlich erklärt Grasser Meischberger, dass er sein Handy nicht mehr lange haben werde "weil der bald leer ist", dann rufe er ihn von einem anderen Handy an. "Ok, Junge, Ciao", verabschiedet sich Grasser von seinem Freund.

Zum Verdacht auf Korruption habe die Staatsanwaltschaft schon länger ermittelt und die Erhebungen abgeschlossen, der Bericht liege derzeit bei der Oberstaatsanwaltschaft, berichtet das Mittagsjournal des ORF-Radio. Die Grünen wollen in ihrer parlamentarischen Anfrage das Ergebnis der Ermittlungen wissen.

ÖVP geht auf Distanz

Seitdem Grasser zugegeben hat, dass er Selbstanzeige wegen einer "vergessenen" Steuerzahlung erstattet hat, gehen indes seine ehemaligen Parteifreunde zusehends auf Distanz zum früheren Vorzeigeminister der ÖVP/FPÖ/BZÖ-Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Ferdinand Maier, Infrastruktursprecher der ÖVP und Raiffeisen-Generalsekretär, meint in der aktuellen News-Ausgabe: "Grasser hat die Vorurteile in der Bevölkerung über Politiker verstärkt. (...) Ich stand Grasser immer reserviert gegenüber und hatte den Eindruck, dass er stets mit dem Image einer schlechten Ausgabe eines Autoverkäufers gekämpft hat. Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel hat sich bereits vorsichtig distanziert, das sagt schon alles".

VP-Abgeordneter Michael Ikrath wiederum betonte: "Es ist maßlos enttäuschend, dass Grasser noch nicht versteht, dass es hier um Moral und Ethik geht - beides tritt er mit Füßen. (...) Ich frage mich: Wieso lacht er von Seefeld bis Wien ständig in die Kameras und macht sich damit lustig über jene Menschen, die tatsächlich durch Schicksale zu Opfern wurden". Und selbst Heidi Glück, ehemalige Pressesprecherin von Schüssel, ist um Distanz bemüht. "Die Steuernachzahlung hat seine Argumentation in der Glaubwürdigkeit erschüttert", so Glück. Gleichzeitig hielt sie fest, dass Grasser als Finanzminister die Finanzpolitik der Regierung Schüssel "perfekt vermarktet" hat.

An diesem Marketingtalent zweifelt inzwischen PR-Profi Wolfgang Rosam, der als Vertrauensmann von Schüssel gilt. Demnach glaube Grasser, Politik sei ein "Spiel". Die Menschen wollten aber Politiker, die Vorbilder seien. Zum weitgehenden Schweigen von Schüssel zu den zahlreichen Vorwürfen gegenüber Grasser meinte Rosam: "Ich vermisse ein klares Statement von Schüssel. Er sollte sagen, dass das Vorgehen von Grasser nicht in Ordnung ist. Oder sagen, dass er sich getäuscht hat."

Vergessenes Wertpapierdepot

Auf einen bisher kaum beachteten Punkt weist "News" im Zusammenhang mit der Selbstanzeige von Grasser hin. Grasser hatte sein "Vergessen" damit begründet, dass er sein Wertpapierdepot in Kanada im Laufe der Jahre aus den Augen verloren habe, und "unterjährige Spekulationsgewinne" daher nicht versteuert habe. Laut "News" hat dies aber einen Haken: Unterjährige Spekulationsgewinne durch Kurssteigerungen sind gar nicht steuerpflichtig - außer, wenn diese Gewinne durch Wertpapierverkäufe realisiert werden. Steuerpflichtige Spekulationsgewinne entstehen nur, wenn die Wertpapiere auch verkauft worden sind. Wie aber konnten die Wertpapiere verkauft und damit steuerpflichtige Spekulationsgewinne erzielt werden, wenn Grasser das Wertpapierdepot doch "komplett aus den Augen verloren" haben will? Zuletzt hatte Grasser versichert, dass seine Steuersituation nach der Selbstanzeige nun "absolut perfekt" ist. (APA)