Wien/Salzburg/Graz - Ein neuer Medikamenten-Typ für die Behandlung des hormonresistenten Prostatakarzinoms wird derzeit von der Arbeitsgruppe Urologische Tumore an der Universitätsklinik für Innere Medizin I am Wiener AKH untersucht. Im Rahmen einer klinischen Studie wird die derzeit übliche Chemotherapie mit einem neuen Wirkstoff - Lenadolimid - kombiniert. "Wir hoffen darauf, damit die Wirkung der medikamentösen Therapie beim Prostatakarzinom erhöhen zu können", sagte der Koordinator der Studiengruppe, Michael Krainer, gegenüber der APA.

Lenadolimid gehört zu den sogenannten Immunmodulatoren. Der Wirkstoff ist ähnlich dem Contergan-Wirkstoff Thalidomid. Lenadolimid ist aber wesentlich wirksamer und hat ein besseres Verträglichkeitsprofil als die Muttersubstanz. In der Anwendung beim Prostatakrebs gibt es natürlich kein Missbildungsrisiko für Ungeborene. Das Medikament wurde vom US-Unternehmen Celgene enwickelt und bereits im Jahr 2007 in der EU zur Behandlung von Knochenmarkkrebs (Multiples Myelom) zugelassen. Bei der Behandlung von Prostatakarzinomen, die auf die herkömmliche antihormonelle Therapie nicht oder nicht mehr ansprechen, haben erste klinische Studien Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit dieser Substanzklasse geliefert.

Angriff von zwei Seiten

Die neue Studie ist eine große Untersuchung der Phase III auf Wirksamkeit. Die Probanden erhalten zusätzlich zur etablierten Chemotherapie mit der Substanz Docetaxel sowie Cortison auch noch zusätzlich die neue Substanz. Immunmodulatorische Medikamente wirken auf vielfältige Weise. Sie können natürliche Killerzellen gegen Tumore aktivieren oder auch die Entstehung von Blutgefäßen in Tumoren hemmen. Krainer: "Sie wirken auf ganz andere Weise als das etablierte Chemotherapeutikum Docetaxel. Die gemeinsame Anwendung beider Mittel könnte einen Tumor also von zwei Seiten gleichzeitig angreifen."

Insgesamt werden weltweit mehr als 1.000 Patienten in diese Studie aufgenommen. Österreich ist mit vier Zentren beteiligt - neben dem Wiener AKH auch das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in der Bundeshauptstadt und je ein Zentrum in Salzburg und Graz.

Prostatakrebs ist weltweit die dritthäufigste Krebsart und unter Männern weltweit die sechsthäufigste Todesursache aller Krebsarten. Jedes Jahr wird bei 670.000 Männern Prostatakrebs diagnostiziert. Prostatakrebs machte im Jahr 2008 bei den Männern in Österreich mit rund 4.500 Fällen ein knappes Viertel aller bösartigen Neubildungen aus. Rund jeder neunte Krebstodesfall war bei den Männern auf Prostatakrebs zurückzuführen. Die Rate der Sterblichkeit an Prostatakrebs reduzierte sich in den vergangenen zehn Jahren in Österreich aber um 22 Prozent. Eine mögliche Erklärung wären die vermehrten Früherkennungsuntersuchungen inklusive Bluttests auf PSA. (APA)