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Das konventionelle Knochenröntgen dient dem Ausschluß von Knochenverletzungen.

Schwarze, graue und weiße Flecken auf einem Bild verteilt, so repräsentiert sich ein einfaches Lungenröntgen für den medizinischen Laien. Die radiologische Nomenklatur macht das Erkennen von Strukturen nicht leichter, werden doch helle Regionen röntgenologisch korrekt als „Verschattungen" bezeichnet, während der Radiologe bei dunklen Herden von „Aufhellungen" spricht.

Seit ihrer Entdeckung 1895 durch Wilhelm Conrad Röntgen sind Röntgenstrahlen ein geheimnisvoll mystisches Faszinosum geblieben. Und die Vorstellung darüber, was die Radiologie kann, ist weit weniger klar, als die hoch aufgelösten Bilder die Experten heute befunden. Der Erste Europäische Röntgentag am 10. Februar stellt diesen medizinischen Fachbereich für einen Tag ins Rampenlicht und will damit zu einem besseren Verständnis für die wertvolle Bildgebung beitragen.

Ganzkörpermediziner mit Durchblick

Interpretation war schon immer das A und O in der Radiologie. Das hat sich auch mit der Entwicklung moderner High-Tech-Geräte nicht verändert. Magnetresonanz- oder Spiralcomputertomografen bringen den Menschen heute bereits in Millimeterabständen zur Abbildung, Angiographieanlagen liefern großartige dreidimensionale Gefäßdarstellungen. Hochkomplexe Verfahren und dennoch ist der Radiologe ein einfacher Detektiv geblieben, stets auf der Suche nach krankhaften Prozessen im menschlichen Organismus. „Die Radiologie ist immer noch eines der wenigen Ganzkörperfächer in der Medizin", weiß Dimiter Tscholakoff, Vorstand der Diagnostischen und Interventionellen Radiologie der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien. Was so viel heißt wie er muss sich zwar in allen Körperregionen auskennen und auch einiges über Krankheitsbilder wissen, mit dem Patienten an sich hat der Radiologe aber weniger direkten Kontakt.

„Wir setzen unser medizinisches Wissen im Hintergrund ein und erleichtern oder ermöglichen damit sehr viele Entscheidungen", erklärt Tscholakoff. Als Radiologe nimmt er damit eine Schlüsselposition in der Medizin ein und agiert immer als Brücke zum Patienten. Üblicherweise wird er nur auf Anforderung eines zuweisenden Arztes hin tätig. Radiologie Technologen führen standardisiert verschiedene Untersuchungen aus, die der Radiologe im Anschluss interpretiert und befundet. Ob also jemand operiert, medikamentös behandelt wird oder aber vielleicht ganz ohne Therapie wieder nach Hause geht, stützt sich letztlich auch auf der Arbeit des Radiologen. 

„Unsere Daten müssen deshalb firm, solide und verlässlich sein, damit wir im interdisziplinären Diskurs mit anderen Fächern, das Beste für den Patienten herausholen", ergänzt Tscholakoff und betrachtet Teamfähigkeit als eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung seines Berufes.

Der Radiologe als Therapeut

Ein relativ neues Standbein der Radiologie bringt den Experten jedoch zunehmend mehr auf Tuchfühlung mit seinen Patienten. Die interventionelle Radiologie - Sie macht den Diagnostiker zum Therapeuten. Unterstützt von Bildern, die Röntgen, Ultraschall-Geräte, Computer- oder Magnetreszonanztomografen liefern, führen Radiologen selbst mittlerweile an vielen Organsystemen minimal-invasive Eingriffe aus und ersparen Patienten damit größere Operationen. Beispielsweise lassen sich auf diese Weise verschlossene oder verengte Gefäße wieder eröffnen, oder aber Hirnaneurysmen, die zu platzen drohen werden unter Bildkontrolle vom Radiologen mit kleinen Drahtspiralen eliminiert. 

Alles in allem darf man die interventionell-radiologische Therapie als komplikations- und risikoarm bezeichnen. Trotzdem wird sie nicht weniger als die diagnostische Radiologie von vielen Patienten dämonisiert. Das mag wohl daran liegen, dass der Mensch nicht in der Lage ist diese elektromagnetischen Wellen mit seinen Sinnen zu erfassen. Und schließlich und endlich können Röntgenstrahlen tatsächlich ernsthafte Schäden verursachen. Gesundheitlich kritisch ist ihre „ionisierende Wirkung", die zu Veränderungen der Erbsubstanz führen kann und so unter anderem bösartige Tumore hervorruft. Extrem hohe Strahlendosen können sogar Gewebe abtöten. Ein Effekt, den sich Radioonkologen heute bei der Strahlentherapie von Krebs zunutze macht.

Niedrige Strahlenbelastung

„Die Strahlenbelastung im Rahmen verschiedener Untersuchungen ist ernst zu nehmen, jedoch braucht sich niemand mehr davor zu fürchten,", so Tscholakoff. Mittlerweile ist erwiesen, dass die Strahlenbelastung einer Röntgenuntersuchung nur einen Bruchteil dessen beträgt, der ein Mensch natürlicherweise sowieso ausgesetzt ist. Beispielsweise entspricht die Strahlenexposition während eines Langstreckenfluges, etwa der, die man im Rahmen zweier Lungenröntgen, erhält.

Und auch nach einer Computertomografie, deren Strahlenbelastung um ein vielfaches höher ist als die eines konventionellen Lungenröntgens, drohen weder Strahlengeschwüre noch Krebs. „Beim letzten radiologischen Kongress in den USA im November, wurde die Computertomografie aufgrund der geringen Strahlenbelastung, mit neuer Bildberechnung, bereits zur Low-dose Untersuchung erklärt", rückt der Radiologe diesen Mythos ins rechte Licht.

Man-Power gesucht

Der rasende Fortschritt in der Radiologie hat den Patienten viele gesundheitliche Vorteile im Bereich der Früherkennung und Therapie gebracht, zwingt jedoch Radiologen dazu sich ebenso schnell weiterzuentwickeln. „In meiner heutigen täglichen Routine werden nur mehr 30-40 Prozent der Untersuchungsmethoden angewendet, die ich während meiner Ausbildungszeit gelernt habe", so Tscholakoff und will beim wissbegierigen Nachwuchs Interesse für seinen Beruf erwecken. Bedarf gäbe es auf alle Fälle genug, denn die steigenden Untersuchungsfrequenzen und die aufwändigen Eingriffe im Bereich der interventionellen Radiologie haben diese medizinische Fachdisziplin zum Mangelberuf gemacht. (derStandard.at, 10.02.2011)