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Bei diesen Punkten soll u.a. das Stop-Schild wirksam werden:

  • Zahlungen dürfen die Authentizität der Berichterstattung nicht beeinflussen.
  • Werbung und Marketing dürfen niemals Programmentscheidungen beeinflussen.
Foto: AP/Zak

Wien - "Ein Fall für den Ethikrat" wäre für ORF-Redakteursratschef Fritz Wendl, dass ein ORF-Manager die Facebook-Initiative gegen die Wehrpflicht mit "like it" unterstützt. Wenn der ORF seinen Verhaltenskodex endlich hätte. Worum geht es bei den Verhandlungen zwischen Redakteursrat und ORF-General, die sich seit 2008 ziehen?

Wendl winkt ab: "Ich kommentiere den Zwischenstand von Verhandlungen grundsätzlich nicht. Aber ich bin überzeugt, dass wir jetzt endlich wirklich bald den fertigen Kodex präsentieren können, und der die besondere Verantwortung von öffentlich-rechtlichem Journalismus samt verbindlichen Leitlinien für die Alltagspraxis unmissverständlich verdeutlichen wird. Inhalte? Vorerst "kein Kommentar".

Nach STANDARD-Infos widmet sich der Kodex der "journalistischen Unabhängigkeit" in vier Punkten: von politischen und parteipolitischen Interessen, von wirtschaftlichen Interessen, strikte Trennung von Programm und Werbung sowie "Authentizität".

  • Politische Unabhängigkeit verbietet laut Kodex die Ausübung politischer Funktionen oder die Kandidatur dafür. Der Entwurf untersagt auch "aktives Wahlengagement", etwa Hilfe bei Wahlveranstaltungen von Parteien oder parteinahen Organisationen, Beteiligung an Wahlwerbung, "demonstrative politische Sympathieerklärung". Wer so aktiv werden will, muss das melden. Dann blühen etwa der Abschied vom Bildschirm oder auch eine neue Aufgabe im ORF. Wenn der neu einzurichtende Ethikrat, besetzt von Geschäftsführung und Redakteursrat, das für nötig hält.
  • Wirtschaftliche Unabhängigkeit verlangt der Kodex etwa bei Nebenjobs: Sie dürften "keinen Zweifel an der Unabhängigkeit der Berichterstattung des ORF" oder des Mitarbeiters aufkommen lassen. Interviewtraining und Coaching von Menschen, die regelmäßig in Infosendungen vorkommen, fällt darunter. Bei Moderationen sei zu achten, dass die (Diskussions-) Veranstaltungen nicht einseitig besetzt sind. Geschenke und Vergünstigungen dürften nicht "den Rahmen üblicher Repräsentation überschreiten". Vorteile auch für Verwandte oder Freunde von Journalisten durch deren journalistische Arbeit wird untersagt.
  • Marketing und Werbung "dürfen niemals Programmentscheidungen beeinflussen", steht im Kodex. Dieses nicht neue Prinzip hat sich, wie mehrere vom Standard dokumentierte Fälle etwa in Landesstudios zeigten, noch nicht in alle Winkel der Anstalt durchgesprochen.

Kooperationen kennzeichnen

Der Kodex soll, auch wenn das Gesetz darauf ohnehin jedenfalls im Prinzip drängt, "bindend" vorschreiben: "Redaktionelle Kooperationen mit Unternehmen, Institutionen etc. sind klar zu kennzeichnen." Events, bei denen der ORF Medienpartner spielt, "erhalten keine Bevorzugung in der Berichterstattung. Sie werden nach den üblichen journalistischen Regeln auch kritisch beleuchtet". "Zur Verfügung gestelltes Sendematerial darf nur verwendet werden, wenn dadurch redaktionelle Entscheidungen in keiner Weise beeinflusst werden". Auch bei gemeinnützigen Anliegen und Kampagnen dürften "journalistische Kriterien und Eigenverantwortung nicht missachtet werden".

  • "Authentizität" Der Kodex verbietet auch "Scheckbuchjournalismus": Experten, Zeugen, Protagonisten von Infosendungen dürften Geld nur als Honorar "für konkrete Leistungen", etwa als "Informanten", oder als Aufwandsentschädigung für entstandene Spesen oder Zeit erhalten. "Geleistete Zahlungen dürfen die Authentizität der Berichterstattung nicht beeinflussen." Und: "Das Publikum muss sich darauf verlassen können, dass in der Berichterstattung jegliche manipulative Darstellung oder Inszenierung unterbleibt."

Seit 1. Oktober schreibt das ORF-Gesetz der Anstalt einen solchen Verhaltenskodex vor, samt Institutionen, die seine Einhaltung sichern. Das kann noch dauern: In den Stiftungsrat am 3. März dürfte es der Kodex nicht wie geplant schaffen. Der Publikumsrat tagt wieder im April, der Stiftungsrat im Mai. Wendl: "Die ORF-JournalistInnen drängen seit Jahren nachweislich auf den Verhaltenskodexabschluss. Es ist mir bis heute nicht klar, warum der Generaldirektor das - entgegen mehrfacher Zusagen - immer wieder verzögerte, sogar noch nachdem das seit 1. Oktober gesetzliche Verpflichtung ist." (fid/DER STANDARD; Printausgabe, 3.2.2011)