Wien - Die Neuauflage der "Sanierungsscheck"-Aktion von 2009 wurde in dieser Woche von den zuständigen Ministern in die Wege geleitet. Die insgesamt 400 Millionen Euro schwere Förderaktion (für die Jahre 2011 bis 2014) ruft nun aber auch Kritiker auf den Plan. Diese reiben sich allerdings nicht an der grundlegenden Stoßrichtung der Aktion, sondern vielmehr an der konkreten Ausführung.

So hält die "Plattform für Architekturpolitik und Baukultur" in einer Stellungnahme zunächst auch ausdrücklich fest, dass sie die Investitionsimpulse, die von der Förderaktion ausgehen, grundsätzlich begrüße. Das "große Potential für eine nachhaltige Gestaltung des Bauens" werde aber "nur zum Teil ausgeschöpft", so die Plattform weiter.

"Gleich hoher Anspruch wie beim Neubau"

Die im Rahmen der Offensive geförderten Maßnahmen würden wenig Spielraum für Innovation lassen, "die zu erreichenden Vorgaben sind wenig aussagekräftige Kennwerte von Einzelbauteilen". Die Plattform wünscht sich deshalb die Förderung von gesamtheitlichen Konzepten, "die die Verbesserung der Wohnqualität in ökologischer, sozialer und baukultureller Hinsicht zum Ziel haben". Sanierung von Bausubstanz bedeute eine Neuausrichtung des Gebauten auf die nächsten Jahrzehnte, sie gehöre deshalb mit dem gleichen hohen Anspruch geplant wie ein Neubau. "Umfassende Gebäudesanierungen bieten die Chance, Probleme der Funktionalität, der Belichtung oder des wohnungseigenen Freiraumes zu beheben und neue soziale Qualitäten anzubieten. Doch die Anforderungen für die Vergabe der Fördermillionen bleiben hier völlig unambitioniert: So werden die geplanten Fördergelder auch für die Prolongierung von mangelhaft gewordenen Gebäudekonzepten auf etwas niedrigerem energetischen Niveau vergeben."

In baukultureller Hinsicht fordert die Plattform eine Koppelung an umfassende Qualitätskriterien. "Die Sanierung von Gebäuden ist eine baukulturelle Aufgabe, und diese Kultur des Bauens schließt alle beteiligten Personen ein: von der Planung über die Errichtung bis zum Gebrauch. Nur wenn Baukultur als umfassendes Anliegen wahrgenommen wird, können soziale, ökonomische, ökologische und kulturelle Rahmenbedingungen für eine lebenswerte Umwelt gesichert werden."

Heizungs-Branche unzufrieden

Nicht ganz glücklich ist man auch in Teilen der Wirtschaftskammer über die Förderaktion. Nur zwei Tage nachdem WKÖ-Präsident Leitl die Neuauflage in einer Aussendung als "Win-Win-Situation" bezeichnet hatte, meldete sich am Mittwoch die Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker zu Wort. Bundesinnungsmeister Michael Mattes kritisierte, dass "das große Potenzial, das in der Modernisierung von Heizungsanlagen liegt, weitgehend ignoriert" worden sei. Konkret bekrittelt er, dass in der Neuausschreibung der Heizungstausch neuerlich an eine weitere Sanierungsmaßnahme gekoppelt bleibt und die maximale Förderhöhe für die Umstellung bestehender Wärmeerzeugungssysteme auf 1.500 Euro reduziert worden ist. Dies sei deshalb völlig unverständlich, weil die Erneuerung der Heizungsanlage im Einfamilienhaus rund 30 Prozent an Energieeinsparung - "bei Einsatz von Hybridlösungen sogar 45 Prozent" - erziele, so Mattes. "Da die Erneuerung der Heizungsanlagen spätestens nach 20 Jahren erfolgen muss, die Sanierung der Gebäudehülle jedoch nur alle 50 bis 100 Jahre erfolgt, ist eine strikte Koppelung dieser beiden Maßnahmen nicht zielführend", betont Mattes.

SPÖ-Bayr: Auch Kreditmodell

Die Bundesinnung fordert daher eine Änderung der Durchführungsbestimmungen - so wie auch Petra Bayr, Umweltsprecherin der SPÖ. Sie verweist auf ein bereits vor längerer Zeit gemeinsam mit SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter präsentiertes Modell, das unter anderem die Wahlmöglichkeit zwischen Kredit und Zuschuss beinhaltet hätte. Insbesondere für ärmere Haushalte sei nämlich ein Kreditmodell "die einzige reale Möglichkeit, eine Förderung in Anspruch zu nehmen". Auch ein Fernwärmeanschluss sollte im Rahmen der Aktion gefördert werden, schlägt sie weiters vor.

Auch Bayrs Parteigenosse, der Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, hält die Neuauflage des "Sanierungsschecks" nicht für das Gelbe vom Ei. Grundsätzlich begrüßt zwar auch er die Wiederaufnahme, von den Kriterien und Rahmenbedingungen zeigt er sich aber enttäuscht.

Die Erfahrungen der vor zwei Jahren erstmals ins Leben gerufenen Initiative hätten deutlich gezeigt, dass die Förderungen, welche in Form eines Einmalzuschusses ausbezahlt wurden, "in erster Linie den ländlichen Raum mit der typischen Ein- und Zweifamilienhausstruktur begünstigt. Die Fördermittel wurden jeweils für ein Haus - unabhängig von der Anzahl der Wohneinheiten - gewährt." Um künftig die urbanen Gebiete Österreichs mit einzubeziehen und damit die Verteilungsgerechtigkeit sicherzustellen, wäre es notwendig, die Förderbedingungen auf die Anzahl der Wohneinheiten auszurichten und so auch den mehrgeschossigen Wohnbau im Mietshausbereich anzusprechen, so Ludwig weiter. Schließlich seien alle Bewohnerinnen und Bewohner gleich zu behandeln, und es dürfe nicht die Rechtsform ihres Wohnverhältnisses dafür entscheidend sein, ob die Sanierung ihres Gebäudes mit Steuermitteln gefördert wird. (red, derStandard.at, 2.2.2011)