Die 26 Millionen Jahre alten Schädelreste passen ins Bild, das sich Forscher von der Entwicklung der Gürteltiere gemacht haben.

Foto: Universität Bonn

Bonn - Die Nebengelenktiere, von denen heute nur noch die Ameisenbären, Faultiere und Gürteltiere übrig geblieben sind, dürften sich noch im ausgehenden Zeitalter der Dinosaurier auf dem damaligen Südkontinent entwickelt haben. Ihre größte Artenvielfalt, darunter spektakuläre Spezies wie die Riesenfaultiere und die mit den eigentlichen Gürteltieren nur weitläufig verwandten Glyptodontidae (früher auch "Riesengürteltiere" genannt), erlangten sie in Südamerika. Dennoch ist der Fossilienbefund so spärlich, dass im Stammbaum der Gruppe noch zahlreiche Lücken klaffen. Paläontologen sprechen auch von sogenannten "Geister-Abstammungslinien".

Dabei wäre das Material zum Schließen der Informationslücke manchmal durchaus bereits vorhanden, wurde aber verkannt. Der Paläontologe Guillaume Billet stieß im Rahmen seiner Doktorarbeit  im Naturhistorischen Museum in Paris auf fossile Schädelfragmente, die ein Forscherteam 30 Jahre zuvor aus Bolivien mitgebracht hatte und die danach unbeachtet in den Archivbeständen herumgelegen hatten. Paläontologen der Universität Bonn identifizierten diese zusammen mit Kollegen aus Paris, Poitiers und Cambridge als die bislang ältesten Schädelreste einer Gürteltier-Art. Die 26 Millionen Jahre alten Überreste sind damit sogar die ältesten fossilen Schädelreste eines Nebengelenktiers überhaupt.

Fund belegt Vermutungen

Befriedigend ist der Fund für Forscher auch deshalb, weil er die Korrektheit einer Theorie bestätigt. Nach genetischen Analysen sollte die Gürteltier-Unterfamilie der Tolypeutinae, zu der auch diese Spezies gehört, vor rund 29 Millionen Jahren entstanden sein. Die bislang ältesten fossilen Überreste dieser Tiergruppe waren aber gerade einmal 12 bis 14 Millionen Jahre alt. Die von Billet und seinen Kollegen untersuchten Schädel aus Bolivien schließen diese Lücke nun.

Die Forscher haben die neuentdeckte Gattung, die in ihrer Körpergröße mit heutigen Gürteltieren vergleichbar ist, in Anspielung auf die "Geister-Abstammungslinie" der Tolypeutinae auf den Namen "Kuntinaru" getauft. Dieser Begriff stammt aus der bolivianischen Andensprache Aymara und bedeutet soviel wie "Geist". "Unsere Studie zeigt wieder einmal, wie unvollständig der Fossilbericht ist", erklärt der Paläontologe. Außerdem nährt er die Hoffnung, dass in den Magazinen vieler Museen noch zahlreiche ungehobene Schätze ihrer Entdeckung harren. (red)