Aufgegabeltes Glück: Die Kombination von Kakao, Fett und Zucker hebt die Laune.

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Essen ist mehr als nur Hungerstillen. Essen beeinflusst nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch unsere Psyche; es dient uns als Belohnung, Genuss, Zeitvertreib, Seelentröster und Frustkiller. "Alle Lebensmittel enthalten neben den Hauptnährstoffen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen auch weitere Wirkstoffe, die Einfluss auf unseren Hormonstoffwechsel und somit auf die Gemütslage haben, erklärt Ernährungswissenschafterin Claudia Nichterl. Während eine gesunde, ausgewogene Ernährung die Stimmung heben kann, steht eine schlechte Ernährungsweise mit einem erhöhten Depressions-Risiko in Zusammenhang, zeigen zwei kürzlich in US-Fachzeitschriften veröffentlichte Studien.

Aus Tryptophan wird Serotonin

Die Schlüsselsubstanz für die gute Laune ist der Nervenbotenstoff Serotonin. Dieser Neurotransmitter spielt eine wichtige Rolle für den Schlaf-Wach-Rhythmus, das Kreislaufsystem, Appetit, Sexualität, Schmerzempfinden und Magen-Darm-Tätigkeit und hat großen Einfluss auf das psychische Befinden. Ist der Serotoninspiegel zu niedrig, können depressive Stimmungen, Müdigkeit, Angst oder Antrieblosigkeit aufkommen. Damit der Körper ausreichend Serotonin produzieren kann, muss zuerst über die Nahrung genügend von der Aminosäure Tryptophan aufgenommen werden, aus dem schließlich die Serotonin-Bildung stattfindet. Tryptophan kann vom Körper nicht selbst hergestellt werden, ist aber in vielen Lebensmitteln enthalten. Um eine Aufnahme von Tryptophan ins Gehirn zu ermöglichen, ist gleichzeitig auch die Aufnahme von Kohlehydraten notwendig. Am schnellsten steigt der Serotoninspiegel bei einer Kombination aus Kohlenhydraten, Zucker und hohem Fettgehalt - der Griff zu Schokolade verwundert daher nicht.

Stimmungsheber Schokolade

Schokolade gilt als der Stimmungsheber schlechthin. "Schokolade verspricht in jeder Variation Genuss und Freude. Egal ob braun, dunkel, fast schwarz oder weiß, viele behaupten, sie sei das einzig wahre Elixier gegen Liebeskummer, Stress und die Ärgernisse des Alltags", so Nichterl. Der Konsum von Fett und Zucker als Hauptbestandteil der Schokolade löst eine Insulinausschüttung aus, welche wiederum eine verbesserte Tryptophan-Aufnahme bewirkt und in Folge den Serotoninspiegel hebt. Schokolade enthält auch das in der Kakaobohne vorkommende Theobromin, das ebenfalls entspannend und stimmungsaufhellend wirkt.

Vor allem dunkle Schokolade ist in Maßen genossen durchaus gesund. Studien zeigen laufend neue Erkenntnisse über die Vorzüge im Hinblick auf das Herz-Kreislauf-System, Krebserkrankungen oder den Cholesterinspiegel.

Hoher Tryptophan-Gehalt

Welche Nahrungsmittel sollten nun aber gegessen werden, um die Stimmung positiv zu beeinflussen? Lebensmittel, die einen hohen Tryptophan-Wert aufweisen, gibt es viele. "Eine ideale Glücksnahrung sind etwa Eierteigwaren: Eier liefern Tryptophan und die Nudel die Kohlenhydrate, die dem Tryptophan helfen, ins Gehirn zu gelangen um dort zu wirken", erklärt die Ernährungsexpertin. Gute Quellen seien auch alle frischen Lebensmittel, wie Bananen, Avocados, Getreide, Hülsenfrüchte, Mohn, Sesam, Pilze, Fisch, mageres Fleisch, Geflügel, Trockenfrüchte, Nüsse, Samen und Käse. In einer ausgewogenen Ernährung sind die "Glücklichmacher" meist in einem ausreichenden Ausmaß enthalten.

Stimmungsheber sind auch anregende Lebensmittel, da sie durchblutungsfördernd wirken, die Nerven stimulieren oder die Ausschüttung von Hormonen beeinflussen. "Als natürliche Aphrodisiaka gelten Hafer, Ginseng, Granatapfel, Mohn, Yamswurzel, Gelee Royale, Blütenpollen, Trüffel, Vanille, Ingwer, Zimt, Cayennepfeffer und Chilies", so Nichterl.

Scharfe und bunte Glücklichmacher

Neben der Aminosäure Tryptophan, die eine Serotonin-Ausschüttung fördert, führt auch der in Chilis und Paprika enthaltene Inhaltsstoff Capsaicin zu vermehrter Adrenalin- und Endorphin-Ausschüttung und somit zu guter Laune. Die Stimmung bekommt daher auch durch scharfes Essen einen Kick. "Nach der Einnahme von Capsaicin-hältigen Nahrungsmitteln sendet der Körper Botenstoffe aus, die dem Gehirn ein Schmerzsignal melden. Das Gehirn antwortet darauf mit den unterschiedlichsten Reaktionen: Es kommt zu einem Schweißausbruch, es wird Adrenalin und Endorphin ausgeschüttet, so als wäre die entsprechende Stelle verbrannt", erklärt Nichterl. Die Ausschüttung dieser "Glückshormone" soll den Schmerz lindern. Endorphine lassen Schmerzen und Stress leichter ertragen und sorgen für ein wohliges Gefühl.

Die Schärfe des Capsaicins wird auch in der Medizin zunehmend erkannt und eingesetzt: Es wird zur Linderung von Rheuma und Rückenschmerzen, Gürtelrose oder Magengeschwüren verwendet. Die Schärfe kann sich aber auch nachteilig auswirken. Eine chronische Überdosierung steht in Zusammenhang mit Gastritis, Nieren- und Leberschäden.

Auch dem visuellen Aspekt kommt in punkto "Mood-Food" Bedeutung zu - denn das Auge isst ja bekanntlich mit. Farben können auf dem Teller eine Wirkung auf unseren Gemütszustand ausüben. "Rot wirkt wärmend und belebend, Orange bringt Freude ins Leben, Gelb gibt Kraft und hebt die Laune, Grün bringt Ruhe und Zufriedenheit, Blau beruhigt, Violett wirkt reinigend und Weiß verhilft zu Klarheit und Entspannung", appelliert Nichterl für einen bunten Teller.

Schlechte Ernährung, schlechte Laune

Dass Lebensmittel nicht nur glücklich machen können, zeigen Studien, die ungesunde Ernährung mit einem erhöhten Depressions-Risiko in Verbindung bringen. Eine vor einem Jahr in der US-Fachzeitschrift "American Journal of Psychiatry" veröffentlichte Studie zeigte, dass ein dauerhafter Verzehr von Fast Food, Weißbrot und stark zuckerhaltigem Essen das Depressions-Risiko erhöhe. Eine aktuelle Studie aus Spanien untermauert diese These. Schuld daran seien in erster Linie industriell gehärtete Transfette sowie gesättigte Fettsäuren, wie sie vor allem in Industrie-Backwaren und Fast Food vorkommen, schreiben die Forscher. Dagegen könnten ungesättigte Fettsäuren, etwa Olivenöl mit seinem hohen Anteil an gesunden Omega-9-Fettsäuren, laut Studie das Risiko mindern. (derStandard.at, 02.02.2011)