Der Golf ist schuld. Die Beliebtheit der von ihm kreierten Karosserieform seit den 1970er-Jahren hat uns auf lange Sicht in weiten Teilen Europas den Geschmack verdorben. Den für die klassische automobile Gattung schlechthin: die Limousine. Immer mehr erodieren deren Segmente, längst auch bei den richtig satten Limos der Oberklasse.

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Dabei war der Golf zugleich Geburtshelfer des Jetta, seinerzeit (1979) despektierlich, aber treffend "Rucksack-Golf" apostrophiert. Das Ding war ein Renner, verkaufte sich bisher 9,6 Millionen Mal - aber vor allem in den USA (und neuerdings China), wo er der VW-Besteller schlechthin ist. Konsequenterweise wird er denn auch direkt vor der Haustür des wichtigsten Einzelmarkts gebaut, im VW-Werk Puebla, Mexiko.

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Hat da gerade wer Rucksack-Golf gesagt? Ist mit der neuen, sechsten Generation endgültig Geschichte. Optisch erinnert nix mehr an den Golf, sogar technisch sind die beiden inzwischen teilweise entkoppelt - so hat der neue Jetta mit 2,65 m Radstand in diesem Komfortpunkt um 7,3 cm mehr zu bieten als 1.) der Vorgänger und 2.) der aktuelle Golf.

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Erste Fahreindrücke anlässlich der Pressepräsentation an der Côte d'Azur bestätigten die "Länge läuft"-Erwartungshaltung: Die VW-Limousine fährt sich souverän wie ein Golf, dazu wegen neuer Fahrwerksabstimmung noch einen Tick geschmeidiger.

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Und weil der zusätzliche Radstand an die Hinterbänkler weitergegeben wurde, geht es dort großzügiger zu denn je - der Forderung "Gewähren Sie Freiheit für die Knie, Sire!" hat VW Rechnung getragen.

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Da der Wagen auch insgesamt in der Länge zulegte, auf 4,64 m (plus 90 mm), kann man durchaus nachplappern, was VW behauptet, dass der neue Jetta sich nämlich irgendwie zwischen Golf (4,20 m) und Passat (4,77 m) positioniert.

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Dass er trotz der erwachsenen Dimensionen behutsam mit energetischen Ressourcen umgeht, belegt der Umstand, dass die Motoren um bis zu 20 Prozent weniger Sprit schlürfen. So verbraucht die sparsamste Maschine, der 1,6-Liter-Diesel mit Blue Motion Technology (105 PS, 250 Nm), normtestzyklisch gerade mal 4,2 l / 100 km.

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Mit 7-Gang-DSG ist das jetzt zwar kein Ausbund an Temperament (11,7 Sekunden für 0-100 km/h), sollte für die Zielgruppe aber dennoch völlig genügen.

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Trotz der gewohnten Sachlichkeit fühlt man sich wohl an Bord. Nicht nur, weil es keine Überraschungen gibt, sondern auch wegen der hochwertigen Materialanmutung. Und außen? Da ist der Jetta ein echter Feschak geworden.

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Wenn der eine oder andere Beobachter Stilelemente des Audi A4 zu entdecken meint, sollte das kein Schaden sein. Es sitzt jede Sicke, jede Falte, so schnörkellos kommen Autos heute selten daher, dieses wirkt sogar fast schon schlank - eine Tugend, die generell vor langer Zeit abhanden kam.

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"Simplicità" nennt Designchef Walter de'Silva das, "präzises Design" macht VW etwas holprig daraus. Das ist aber auch schon das einzig Holprige am Jetta, der so gut in Form ist, dass er sogar Mitteleuropäern wieder gefallen könnte. (Andreas Stockinger/DER STANDARD/28.01.2010)

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