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Die aktuelle Forba-Untersuchung zeigt, dass die Zahl der Kinderbetreuungsgeldbezieher nicht mit der Zahl jener Väter gleichzusetzen ist, die tatsächlich eine Auszeit vom Job nehmen, um sich im Alltag um ihre Kinder zu kümmern.

Foto: APA/AP/Frank Leonhardt

Wien - Aktuelle Auswertungen der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) legen nahe, dass Väter weiterhin nur selten eine Auszeit vom Job nehmen, um sich aktiv um ihre Kinder zu kümmern. Zwar ist der Anteil der Männer an den Karenzgeld- bzw. Kinderbetreuungsgeld-BezieherInnen im Zeitraum von 2000 bis 2010 von 1,9 Prozent auf 4,6 Prozent angestiegen. Daraus sei laut Studie aber nicht unbedingt eine höhere Beteiligung erwerbstätiger Väter an der Kinderbetreuung abzuleiten: Vielmehr gehe aus den Analysen hervor, dass die Erhöhung des Männeranteils in den letzten Jahren überproportional auf selbstständige, arbeitslose und studierende Väter zurückgeht. Unselbstständig erwerbstätige Männer, wie Angestellte oder Arbeiter, nehmen das Kinderbetreuungsgeld also verhältnismäßig selten in Anspruch.

Berufslaufbahn wird selten pausiert

"Das bedeutet natürlich nicht, dass sich studierende, arbeitsuchende oder selbstständige Kinderbetreuungsgeldbezieher weniger aktiv um ihre Kinder kümmern würden als zum Beispiel karenzierte Angestellte", betont Studienleiterin Ingrid Mairhuber. Vielmehr lege der hohe Prozentsatz selbstständiger oder nicht erwerbstätiger Väter nahe, dass Männer ein Arbeiter- oder Angestelltenverhältnis nur selten aktiv unterbrechen, um sich der Betreuung ihrer Kinder zu widmen. "Von einer Teilung der Verantwortung für die Kinderbetreuung zwischen Müttern und Vätern sind wir damit in Österreich nach wie vor weit entfernt - ebenso wie von einer Teilung der beruflichen Nachteile, die die Elternschaft vor allem für Frauen gegenwärtig mit sich bringt", erklärt die Politikwissenschafterin.

Rollenbilder

"Die Gründe hierfür dürften im traditionellen Rollenverhalten liegen. Die Aufteilung zwischen Männern und Frauen sitzt ganz tief", meint die Forscherin, die deshalb für mehr Bewusstseinsbildung plädiert. Unterstützung bräuchten ihrer Meinung nach auch Betriebe, wenn MitarbeiterInnen ihre Karriere unterbrechen, sowie Betroffene selbst. So würden Frauen seltener als Männer ihre Auszeit detailliert planen und dadurch Nachteile eher in Kauf nehmen.

Steigender Männeranteil mit Vorsicht zu interpretieren

Aufgrund der Veränderungen im Karenzsystem ist es seit 2002 möglich, das Kinderbetreuungsgeld auch ohne Erwerbsunterbrechung zu beziehen. Somit können auch selbstständige, arbeitslose und studierende Väter, deren Einkommen die Zuverdienstgrenze nicht überschreitet, Kinderbetreuungsgeld beziehen. Und die Untersuchungen zeigen: Diese Männer sind es auch, die diese Sozialleistung überdurchschnittlich häufig in Anspruch nehmen. "Die Zahl der männlichen Bezieher von Kinderbetreuungsgeld ist also nicht mit der Zahl jener Väter gleichzusetzen, die tatsächlich eine Auszeit vom Job nehmen, um sich im Alltag um ihre Kinder zu kümmern", erläutert Mairhuber.

Einkommensbezogenes Kinderbetreuungsgeld selten genutzt

Auch das jüngste Karenzmodell - das einkommensbezogene Kinderbetreuungsgeld - hat laut FORBA-Zahlen bislang wenig Wirkung in Bezug auf die väterliche Inanspruchnahme von Karenz und Kinderbetreuungsgeld gezeigt. Seit Anfang 2010 können Eltern in Österreich statt eines festgelegten Pauschalbetrages 80 Prozent ihres vorangegangenen Nettoeinkommens beziehen (mindestens Euro 1.000,- und maximal Euro 2.000,- pro Monat). "Ähnliche Modelle haben in anderen Staaten, etwa in Skandinavien, gute Erfolge in Bezug auf eine vermehrte Inanspruchnahme durch Männer gezeigt. In Österreich hingegen wurde das einkommensabhängige Kindergeld bislang in erstaunlich geringem Ausmaß genutzt", weiß Arbeitsforscherin Mairhuber.

Welche Modelle Männer wählen

Derzeit können Eltern zwischen fünf Karenzmodellen wählen: von der kürzesten Variante (12 Monate plus 2 Monate im Fall einer Teilung zwischen Vater und Mutter) bis zum längsten Modell (30 plus 6 Monate bei Teilung). FORBA hat für den Monat September 2010 Daten des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend analysiert und die Männeranteile an den Kinderbetreuungsgeld-BezieherInnen zwischen den verschiedenen Karenzmodellen verglichen. Das Ergebnis: Die höchsten Männeranteile weisen die beiden Varianten 15+3 Monate (11 Prozent Männer) und 12+2 Monate (7 Prozent) auf, gefolgt vom Modell 20+4 Monate (5,8 Prozent). Bei der fünften, der einkommensabhängigen Variante beträgt der Väteranteil dagegen nur 3,8 Prozent - und damit weniger als beim längsten zur Auswahl stehenden Modell, 30+6 Monate, mit 3,9 Prozent Männeranteil.

Bedarf nach weiteren Maßnahmen

"Da das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld noch nicht lange besteht, lassen sich seine gesellschaftlichen Effekte noch nicht abschließend beurteilen", so Mairhuber. "Fest steht allerdings, dass die Beteiligung von Vätern an der Elternkarenz in Österreich weiterhin gering ist. Die bisherigen Maßnahmen haben hier noch keine grundlegenden Veränderungen nach sich gezogen."

"Die aktuellen Auswertungen liefern eine höchst relevante Zwischenbilanz in Hinblick auf die Inanspruchnahme von Kinderbetreuungsgeld", kommentiert Jörg Flecker, wissenschaftlicher Leiter von FORBA, die Ergebnisse. "Sie geben politisch Verantwortlichen Hinweise darauf, in welchen Bereichen zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um Väter verstärkt zur Elternkarenz zu motivieren und die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Elternschaft zu verbessern."

Die vollständigen Ergebnisse aus den aktuellen Untersuchungen u.a. im Rahmen der EU-Studie CAPRIGHT mit weiteren Resultaten zu Karenz, Kinderbetreuungsgeld und Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden bis zum Sommer 2011 vorliegen, kündigte Flecker an. (red)