Drei Tage nach dem schweren Zugunglück in Sachsen-Anhalt deuten Ermittlungsergebnisse auf einen schwerwiegenden Fehler des Güterzug-Lokführers hin. Der Mann hat laut einem Bericht des deutschen Verkehrsministeriums vor dem Zusammenstoß mit dem Regionalzug zwei Haltesignale überfahren. Der Fahrdienstleiter habe daraufhin über Funk einen Nothalt angeordnet, heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zehn Menschen wurden bei dem Unglück getötet. Der Zustand von zwei weiteren, darunter eine Zehnjährige, ist kritisch.

Die Staatsanwaltschaft in Magdeburg zeigte sich erstaunt über den Bericht. "Es befremdet uns ein wenig, dass Ergebnisse bekanntgegeben werden, die den Ermittlungsbehörden noch nicht vorliegen", sagte Behördensprecherin Silvia Niemann. Indizien deuteten aber darauf hin, "dass es so gewesen sein könnte". Gegen den 40 Jahre alten Lokführer des Güterzugs wird unter anderem wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.

Regionalzug noch abgebremst

Dem Bericht zufolge hatte der 35 Jahre alte Lokführer den Regionalexpress nach dem Notruf von 98 Kilometern pro Stunde bis zum Zusammenstoß auf Tempo 66 abgebremst. Ob auch der Güterzug vor dem Unfall auf der eingleisigen Strecke gebremst hat, müsse noch ausgewertet werden. Der Lokführer des Personenzugs wurde bei dem Unglück getötet.

Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte das Stellwerk das Gleis für den Personenzug korrekt freigegeben. Der Güterzug sollte hingegen die Durchfahrt des Personenzugs abwarten, bevor er auf die eingleisige Strecke geleitet werden sollte.

Sicherungstechnik verbessern

Die Deutsche Bahn will schnellstmöglich mehr eingleisige Strecken mit moderner Sicherungstechnik ausstatten. "Da ist Handlungsbedarf", sagte Bahnchef Rüdiger Grube am Montagabend in der ARD. Der Konzern wolle alle eingleisigen Strecken analysieren und - wo nötig - den Einbau eines automatischen Bremssystems aus eigenen Mitteln finanzieren. Er wolle nicht auf Bundesministerien warten, sagte Grube.

Der Lokführer des Güterzugs, der bei dem Unfall Prellungen und einen Schock erlitt, äußerte sich bisher nicht zu dem Geschehen. "Er hat den Status des Beschuldigten. Er muss sich nicht äußern", sagte Oberstaatsanwältin Niemann. Mit einem schnellen Ende der Ermittlungen sei nicht zu rechnen, die Analyse der Fahrtenschreiber der Züge und weiterer Beweismaterialien könne Monate in Anspruch nehmen. (APA)