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Draußen demonstrierten Gegner des Weltwirtschaftsforums und wurden mit Wasserwerfern zurückgedrängt. Drinnen wurde über die Lösung der Schuldenkrise der Eurozone diskutiert.

Foto: APA/EPA/Jean-Christopge Bott

Die seit Wochen kolportierten Pläne zu einer Umschuldung Griechenlands werden offenbar konkreter. Laut einem griechischen Zeitungsbericht sollen Währungsfonds, Eurogruppe und Europäische Zentralbank einen Schuldenschnitt von einem Viertel vorbereiten. Athen würde demnach mit frischen Mitteln aus dem Euro-Rettungsfonds eigene Anleihen mit einem Abschlag von 25 Prozent zurückkaufen.

Die Kredite des Fonds sollen zudem auf 30 Jahre gestreckt werden. Neben Griechenland würde auch Irland von der Fristausdehnung profitieren. Das soll der Chef der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, in Davos ventiliert haben. Der Unternehmensberater Roland Berger warnte dort vor einer Umschuldung. Das würde zu einer neuen Destabilisierung der Bankensysteme führen, sagte er im Gespräch mit dem STANDARD.

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Athen/Davos/Wien - Viele Ökonomen treten seit Monaten für einen Schuldenerlass finanziell angeschlagener Staaten der Eurozone ein. Dass derartige Pläne kursieren, wird zwar seit Wochen kolportiert, aber offiziell dementiert. Am Freitag klang der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou im Standard-Gespräch schon anders: "Das ist eine Idee, die auf europäischer Ebene diskutiert wird." Am Wochenende berichtete dann die griechische Zeitung To Vima von einem Brady-Plan, den EU, Währungsfonds und EZB für Athen vorbereiteten.

Konkret soll Griechenland Kredite vom Euro-Rettungsfonds (EFSF; European Financial Stability Facility) erhalten und die ausstehenden Anleihen zurückerwerben. Der Clou: Athen zahlte nicht den vollen Preis, sondern nur drei Viertel des ausgeliehenen Geldes, somit aber immer noch mehr als den Marktwert. Damit würde die Schuldenlast des Landes schlagartig um ein Viertel sinken. Zudem würde die Rückzahlung an die EFSF auf 30 Jahre gestreckt. Griechenland hätte also mehr Zeit, um die Sanierung des Haushalts und die Umstrukturierung der Volkswirtschaft zu bewerkstelligen. Laut Reuters sprach sich in Davos der Chef der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, für eine Streckung der Tilgungsfrist für Griechenland und Irland auf 30 Jahre aus. Zu dem Thema könnte ein Sondergipfel Anfang März einberufen werden.

Mexiko machte den Anfang

Als Vorbild für die Maßnahmen dient die Umschuldung lateinamerikanischer Staaten in den 80er-Jahren, die vom damaligen US-Finanzminister Nicholas Brady initiiert worden ist. Begonnen hatte alles mit Mexiko, das 1982 vor dem Kollaps stand. Die Einstellung der Zahlungsverpflichtungen - das ölreiche Land hatte 80 Milliarden Dollar bei Banken ausständig - hätte das Finanzsystem gehörig ins Wanken gebracht. Lateinamerika hatte nach dem zweiten Ölpreisschock mit drastischen Zinserhöhungen zu kämpfen, die den Schuldendienst der einzelnen Staaten enorm verteuerten. Allerdings begnügte man sich mit einer Umschuldung - alte Kredite wurden mit neuen getilgt.

Als in den Folgejahren mit diversen Sparpaketen die sozialen Unruhen zunahmen, handelte Brady mit Mexiko ein neues Abkommen aus. Die Banken erhielten anstelle ihrer alten Anleihen neue Papiere, die eine Reduktion der Forderungen oder niedrigere Zinsen und längere Laufzeiten vorsahen, dafür aber eine US-Garantie erhielten. Bis 1994 wurde das Modell auf 18 Staaten ausgeweitet, darunter Brasilien, Argentinien: Die Gläubiger mussten insgesamt 60 Mrd. Dollar abschreiben, 190 Milliarden wurden in handelbare Brady-Bonds umgewandelt. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.1.2011)