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Ein historischer Zeitungsbericht über die "Postraketen" Friedrich Schmiedls.

Foto: APA/ING. F. SCHMIEDL-STIFTUNG

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Aus dem Nachlass Schmiedls wurde eine Stiftung für "unkonventionelle und visionäre Ideen im Bereich der Weltraumforschung, Kommunikation und Information" eingerichtet.

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Graz - Private Raketen- und Raumfahrtinitiativen machen seit Jahren Schlagzeilen, sind aber beileibe keine Erfindung unserer Tage: Ihre Hochblüte - auch in Österreich - hatten sie in der Zwischenkriegszeit. Ein solches Projekt jährt sich am 2. Februar zum 80. Mal: Anfang der 1930er Jahre feuerte der Grazer Ingenieur Friedrich Schmiedl die weltweit ersten "Postraketen" vom rund 1.500 Meter hohen Schöckl ab.

Der Grazer Visionär Friedrich Schmiedl (geb. 1902) soll laut Angaben seines Grazer Biografen Karl Trobas mehr als 3.000 Starts mit selbst konstruierten und gebauten Raketen durchgeführt und mehrere hundert Kleinraketen abgefeuert haben. Er war aber nicht der einzige, der die Idee für eine solche Form der Schnellzustellung hatte. Der erste war der Wiener Chemiker Franz von Hoefft, der 1926 in der Zeitschrift "Die Rakete" erstmals diesen Vorschlag präsentierte, weiß Bruno Besser, Experte für Raumfahrtgeschichte am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Graz. "Schmiedl war allerdings der erste, der es tatsächlich umgesetzt hat", so Besser.

Werdegang

Nach seiner Ausbildung zum Bauingenieur hat der im Jahr 1902 im oberösterreichischen Schwertberg (Bezirk Mauthausen) geborene Schmiedl in den 1920er Jahren in Graz Vorlesungen in Chemie und Physik besucht und mit ersten "Fotoraketen" Starttests am Grazer Thalerhof unternommen. Damals dachte er daran, von einer Rakete aus Geländeaufnahmen zu machen. "Sein ursprünglichstes Interesse galt der Fernerkundung mittels Raketen, nicht jedoch für militärische Zwecke, sondern um meteorologische Fragen zu beantworten", schildert Besser.

Mitte der 1920er Jahre wurde der Grazer Hausberg Schöckl zum bevorzugten Startplatz für Schmiedls Raketenversuche. Er unternahm Experimente mit einem Stratosphärenballon, an dem eine Rakete angebracht war, die erst in großer Höhe zünden sollte. Mit an Bord waren selbst entwickelte Geschwindigkeits-Messinstrumente.

Am 2. Februar 1931 war es schließlich so weit: Schmiedl zündete die erste Postrakete der Welt am Schöckl, einem rund 1.500 Meter hohen Berg nahe Graz. Dabei wurden die Poststücke mit einer Geschwindigkeit von mehr als 10.000 km/h in Richtung der am Fuße des Berges liegende Ortschaft St. Radegund transportiert. Die Rakete - wie unzählige folgende - landete schließlich aus einer Höhe von rund 2.500 Metern mit einem bunten Fallschirm, der die Wiederauffindung erleichtern sollte.

Keine Konkurrenz für die herkömmliche Post

Schmiedls Raketenstarts erregten damals internationales Aufsehen: "Selbst die 'New York Times' und chinesische Zeitungen berichteten darüber", weiß Otto Hochreiter, Direktor des Grazer Stadtmuseums, in einer schriftlichen Würdigung über Schmiedl. Die Flüge der "Postraketen" fanden allerdings niemals Anwendung im Alltagsleben, allein schon deshalb, weil ja die österreichische Post das Monopol zur Postzustellung hatte. "Heute würde man von Testflügen sprechen. Es waren Experimente mit dem Zweck, dass die Raketen eines Tages Post in entlegene Täler oder gar von Kontinent zu Kontinent transportieren würden", so der Grazer Raumforschungshistoriker Bruno Besser.

Die Raketenstarts nützte Schmiedl auch, um sich seine weitere Forschung zu finanzieren. Seinen Unterhalt verdiente er sich als Bauingenieur. "Um sich seine Leidenschaft, die Raketenforschung, zu finanzieren, verkaufte er die mitbeförderten Poststücke an Briefmarkensammler", schildert Besser. Schmiedl führte Hunderte von Raketentests durch und einige weitere erfolgreiche Posttransporte, konnte jedoch die österreichischen Behörden nicht von den Vorzügen seiner Entwicklung überzeugen.

Nazi-Zeit als Einschnitt

In den Folgejahren entwickelte der Technik-Pionier u.a. Spezialglas für die Raumfahrt oder Vorderantriebe für Schiffe. Die "American Interplanetary Society" ernannte ihm zum "Honorary Member". Wie für so viele andere Raketenpioniere wurde auch für Schmiedl die Nazi-Zeit zum großen Einschnitt: Mit den Nationalsozialisten wollte er sich nicht arrangieren. Er weigerte sich, seine Erkenntnisse dem Nazi-Regime zur Verfügung zu stellen, vernichtete seine Aufzeichnungen und meldete sich zum Heeresbauamt, um einer Dienstverpflichtung zum Bau von Raketenwaffen zu entgehen.

Nach 1945 wollten die USA Schmiedl für die Weiterentwicklung der Weltraumforschung gewinnen. Doch dieser lehnte ab - er nahm seine Forschungen nie wieder auf. 1955 trat er in den steirischen Landesdienst ein. Im Jahr 1994 verstarb er kinderlos und hinterließ der Stadt Graz ein ansehnliches Vermögen, mit dem 1997 eine Stiftung eingerichtet wurde. Diese vergibt seither alle zwei Jahre Forschungspreise und -stipendien für "unkonventionelle und visionäre Ideen im Bereich der Weltraumforschung, Kommunikation und Information". (APA/red)