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Joseph Ratzinger auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1965, als er an der Universität Regensburg lehrte

Foto: REUTERS/KNA

München - Papst Benedikt XVI. hat sich einem Zeitungsbericht zufolge als junger Theologe für eine Überprüfung des Zölibatsgesetzes eingesetzt. Zusammen mit namhaften katholischen Theologen wie Karl Rahner, Karl Lehmann oder Walter Kasper habe der damals 42-jährige Joseph Ratzinger im Februar 1970 ein Memorandum an die deutschen Bischöfe verfasst, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Freitag. Diese wurden demnach darin aufgefordert, das kirchliche Gesetz zu überdenken, das Priestern Ehelosigkeit vorschreibt.

"(...) dann hat die Kirche die Pflicht, eine gewisse Modifizierung vorzunehmen"

In dem Schreiben wird dem Bericht zufolge unter anderem der Mangel an qualifizierten Nachwuchspriestern als Argument für die Überprüfung angeführt. Wenn genügend Jungpriester nicht zu gewinnen seien, "dann hat die Kirche einfach die Pflicht, eine gewisse Modifizierung vorzunehmen", heißt es demnach in dem Brief. Die Bischöfe seien nachdrücklich aufgefordert worden, sich bei dem damaligen Papst Paul VI. für eine Diskussion über die Zölibatspflicht einzusetzen.

Der Papst hatte kurz zuvor - auch mit Verweis auf die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) - den Wert des Priesterzölibates für die Kirche in seiner Enzyklika "Sacerdotalis caelibatus" (1967) bestätigt. Die Zeit nach dem Konzil war von heftigen Debatten über die kirchliche Disziplin und Lehre begleitet, die auch mit der "Flucht" vieler Priester und Ordensleute aus dem kirchlichen Stand einherging.

In der katholischen Kirche leben die Angehörigen des "geweihten Standes" (Ordensleute, geweihte Jungfrauen, Mitglieder von Säkularinstituten usw.) im Zölibat, sowie in neuerer Zeit auch manche Laien, die bestimmten Bewegungen oder Gemeinschaften angehören. In der Westkirche (Lateinische Kirche) gilt zudem die alte Tradition, dass generell nur Männer, die ein Zölibatsversprechen ablegen, zu Priestern geweiht werden. Es ist diese Regelung, die bei den Zölibatsdebatten meist unter Beschuss steht.

In der Ostkirche - bei den katholischen Ostkirchen genauso wie in den orthodoxen und orientalischen Kirchen - werden zwar auch Verheiratete zu Priestern geweiht, sie dürfen allerdings nach ihrer Priesterweihe nicht mehr erneut heiraten, selbst wenn ihre Ehefrau sterben sollte. Generell gilt in der Ost- wie der Westkirche, dass nur Zölibatäre (im Osten meist Mönche) Bischöfe werden können.

Der Zölibat kann in der Kirchengeschichte auf eine lange Tradition zurückblicken. Der Begriff "caelebs" wird oft in Verbindung mit "coelum" (lateinisch "Himmel") gebracht, was auf die vollständige Definition des Zölibats als "Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen" hinweist. In diesem Sinn wird die freiwillig gewählte Ehelosigkeit verstanden als ein Verzicht auf ein "Gut", nämlich die Ehe - immerhin eines der sieben Sakramente -, als Zeichen der Hingabe an ein "höheres Gut", nämlich Gott. Als Vorbild gilt dabei die Lebensform Jesu Christi, der selbst - für Juden der damaligen Zeit ungewöhnlich - unverheiratet war. (APA/AFP)