Momentan den Überblick verloren - wo ist Karl-Heinz Grasser jetzt überall Beschuldigter mit Unschuldsvermutung? Jetzt allerdings haben wir sozusagen den einen, abgeschlossenen Fall: laut Format hat er durch Selbstanzeige bestätigt, dass er während seiner Amtszeit als Finanzminister Steuern hinterzogen habe. Der vielbeschäftigte Anwalt - kommt der noch dazu, andere Causen zu behandeln? - hat auch schon eine "Na, sooo schlimm ist das auch wieder nicht" -Erklärung parat, aber der Punkt ist doch der: Finanzminister sollten eigentlich keine Steuern hinterziehen. Oder?

Wir haben ja schon einen berühmten Fall: Hannes Androsch hat als Finanzminister vor über 30 Jahren Steuern hinterzogen und ist rechtskräftig verurteilt. Dann wurde er erfolgreicher Industrieller und zuletzt sogar aktiver Bürger: Er steht hinter dem Bildungs-Volksbegehren. Man kann von einer Rehabilitation sprechen.

Grasser hat da noch etwas aufzuholen. In der Zeit seit seinem Abgang als Minister hat er es hauptsächlich im Schlepptau seiner Frau societymäßig krachen lassen bzw. aktiv zugesehen, wie das Geld der Meinl-Anleger abgefackelt wurde, dafür aber etliche Millionen Belohnung kassiert.

Der Mann ist natürlich ein Symbol für die Gier und den absoluten Mangel an Genierer bei den flotten Burschis aus dem Haider/Schüssel-Biotop. Aber vielleicht läutert er sich ja und wird so in etwa 20 Jahren auch ein wertvoller Bürger.(Hans Rauscher, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.01.2011)