Täuschen und tarnen: Im Streit um die mögliche Abschaffung der Wehrpflicht scheint den Beteiligten jedes Mittel recht zu sein, um die Gegner zu diskreditieren.

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Wien - Ja, natürlich habe es zwei Berichte über die Bundesheermodelle gegeben, bestätigte der Sprecher des Verteidigungsministers einen entsprechenden Bericht des Standard. Nach Vorlage des Konzepts mit 22. Dezember habe das Ministerbüro eine Neuberechnung verlangt, da gewisse Kostenannahmen "unrealistisch hoch angesetzt" gewesen seien.

Nach Intervention von Minister Norbert Darabos (SPÖ) wurden die Kostenannahmen daraufhin gesenkt - die höchste Ersparnis gab es bei dem von Darabos präferierten Modell 3 (Berufsheer mit Freiwilligen nach schwedischem Vorbild). Wurden dafür im ersten Bericht noch 2,6 Milliarden Euro veranschlagt, waren es im zweiten lediglich 2,1 Milliarden - und damit genauso viel wie für Modell 1 (Wehrpflicht, aktuelles Modell).

Der Auftrag des Ministers hätte auch dementsprechend gelautet, sagte ein ranghoher Militär dem Standard: Modell 3 müsse Modell 1 angepasst werden. Unter anderem, um den anderen politischen Parteien kein Gegenargument aufgrund höherer Kosten zu liefern.

Der Sprecher von Darabos erklärte die Differenz damit, dass in der ersten Version etwa eine Milizprämie von 10.000 Euro pro Mann und Jahr sowie eine Auslandseinsatzprämie von 12.000 Euro berechnet worden war. Dies sei dem Verteidigungsressort zu hoch vorgekommen: 5000 Euro bei der Miliz und 7200 Euro bei den Auslandseinsätzen müssten genug sein.

"Vertrauen erschüttert"

ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf reagierte verärgert und warf Darabos angesichts der gesenkten Kostenschätzung seines Alternativmodells Manipulation vor: "Unser Vertrauen in den Herrn Verteidigungsminister ist schwerst erschüttert. Er schreckt offenbar nicht davor zurück, Zahlenmaterial und Berechnungen zu manipulieren", sagte Kopf im Ö1-Mittagsjournal. Verhandlungen seien nun sicher "sehr, sehr schwer".

Dennoch sollen am Montag Gespräche zwischen SPÖ und ÖVP über die neue Sicherheitsdoktrin und die Abschaffung der Wehrpflicht starten. Mit am Tisch sitzen sollen neben dem Verteidigungsminister Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sowie die Regierungskoordinatoren Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) und Innenministerin Maria Fekter (ÖVP).

Verschärfte Kritik an Darabos gab es auch von der Opposition: Er habe "versucht, die Österreicher zu betrügen", wetterte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Die FPÖ kündigte an, einen Antrag für eine Ministeranklage gegen Darabos zu stellen. Das BZÖ würde diesen unterstützen: "Wir sind für alle Ideen offen, die dazu führen, dass im Ressort wieder geordnete Zustände herrschen", erklärte der frühere Verteidigungsminister Herbert Scheibner.

Die Grünen wollen gemeinsam mit FPÖ und BZÖ für kommende Woche eine Sondersitzung im Parlament beantragen - Termin könnte der 4. Februar sein. "Wir werden in der Sitzung einen dringlichen Antrag auf eine ehestmögliche Volksbefragung zum Thema Wehrpflicht stellen", kündigte der Grüne Peter Pilz an. (Saskia Jungnikl, DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2011)