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Demo in Sanaa

Foto: Reuters/Khaled Abdullah

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Ali Abdullah Saleh, 65 Jahre, seit 32 Präsident Jemens.

Foto: Reuters/Khaled Abdullah

 Sanaa/Wien - Auch im Jemen gärt es. Am Donnerstag gingen in Sanaa geschätzte 16.000 Menschen auf die Straße und forderten den Abtritt von Präsident Ali Abdullah Saleh. Der ist seit 1978 im Amt, bis 1990 als Präsident des Nordjemen und seither des vereinigten Jemen. Vor allem aber riefen die Demonstranten nach einer Verbesserung der Lebensumstände. Der Jemen ist ein Armenhaus.

Im Dezember war die Opposition, angeführt von der islamischen Islah-Partei, noch daran gescheitert, größere Proteste zu organisieren. Tunesien und Ägypten waren ein Weckruf - allerdings, glaubt man Augenzeugen, löste sich die Demonstration am Donnerstag relativ rasch wieder auf, die Lust auf Kat, die jemenitische Alltagsdroge, war offenbar größer. Noch. Der Jemen ist aufgrund einiger anderer Faktoren ein möglicher Umsturzkandidat - wobei eine Revolution hier ethnische und religiöse Bürgerkriege auslösen könnte.

Saleh weiß um die Labilität: Schon kurz nach Ausbruch der Proteste vor etwa zehn Tagen bot er eine Verfassungsänderung an, die die Amtszeit des Präsidenten beschränkt. Das würde ihn zwar selbst auch betreffen - im Vergleich mit anderen arabischen Gerontokraten ist er mit seinen 65 Jahren noch relativ jung. Aber in einem System wie dem jemenitischen bleibt die Macht dann eben in der Familie oder im Clan. Die Opposition lehnte die Reformvorschläge als unzureichend ab.

Dabei wären viele Jemeniten, zumindest in der Hauptstadt, zufriedenzustellen, wenn es ihnen wirtschaftlich besser ginge. Es gibt kein Problem, das der Jemen nicht hat: Arbeitslosigkeit, Korruption, Inflation, Verknappung der Ressourcen - auch des Wassers, das nicht zuletzt vom Kat-Anbau aufgefressen wird -, sinkende Öleinkommen, Devisenmangel.

All das in einem Land, in dem die Peripherie vom Zentrum politisch und wirtschaftlich über Jahre sträflich vernachlässigt wurde. Folgerichtig gab es die ersten Proteste à la tunesienne in der südlichen Stadt Aden, wo die Sezessionistenbewegung in den letzten Jahren an Kraft gewonnen hat. Der Südjemen will als Südarabien - nicht einmal den Namen will man mehr - los von Sanaa.

Auch die nördliche schiitische Huthi-Rebellion ist teilweise als Aufstand der Marginalisierten zu erklären. Die Schwäche im Land nützt al-Kaida aus, die sich an allen Bruchlinien festkrallt und die Konflikte zur Mobilisierung für ihre Zwecke ausnützt. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2011)