Das geht nicht: Studiengebühren sind ein Thema, bei dem Beatrix Karl und Claudia Schmied all ihr Bemühen um Gemeinsamkeit hinter sich lassen.

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Wien - Es nimmt fast die Form eines Kulturkampfes an, wenn in Österreich das Thema Studiengebühren politisch verhandelt wird. Die ÖVP ist dafür, die SPÖ dagegen. Ein schwarzes Ja prallt auf ein rotes Nein. Daran ändert auch das neueste "Angebot" von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) nichts, die die Wiedereinführung von Studiengebühren mit dem Ausbau der Studienförderung und einem zinsbegünstigten Darlehensmodell koppeln möchte. Kein Thema für SPÖ-Verhandlungsführerin und Unterrichtsministerin Claudia Schmied.

Oder Clash of Cultures. Also doch eine Art Kulturkampf. Denn es gebe, wie der Hochschulforscher Martin Unger vom Institut für Höhere Studien (IHS) im Gespräch mit dem Standard darlegt, einen kulturellen Unterbau, der erklärt, warum Uni-Darlehen in den USA und Asien viel selbstverständlicher seien als in Europa.

Dass Karl jetzt das Darlehensmodell auf den Tisch legt, wundert Unger nicht, "weil die ganze Welt in diese Richtung geht". OECD und Weltbank würden seit Jahren Kredite für Studierende empfehlen: "Es ist ökonomisch ein rationales Modell, weil Bildung als Investition gesehen wird, die eine der höchsten Renditen in Form von erzielbaren Gehaltszugewinnen für ein abgeschlossenes Studium hat. Da können Aktienfonds nicht mit, daher ist es rational, einen Kredit aufzunehmen, weil das Risiko relativ gering ist."

Der Haken dabei: Der Homo oeconomicus, der Bildung als Investition sieht, die man sich später buchstäblich vergolden kann, studiert offenbar woanders. Denn, so erklärt Unger: "Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass Studierende in Kontinentaleuropa diesen Studienkrediten sehr mit Skepsis begegnen." Das habe mit "kulturellen Faktoren" zu tun.

Schulden machen sei im angelsächsischen Raum deutlich verbreiteter als in Kontinentaleuropa, wo Bildung viel mehr als öffentliches Gut und nicht so sehr als Investition gelte. "Das spricht nicht gegen das Darlehensmodell, aber man müsste es sehr gut vorbereiten, um es zu etablieren." Wichtig wäre vor allem, das Thema Studiengebühren von den Darlehen zu entkoppeln, um zu betonen, dass der Kredit zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten nötig sei, nicht zur Abdeckung der Gebühren. Denn: "Die Lebenshaltungskosten sind indirekt die höchsten Studiengebühren, die Studierende schon jetzt zahlen."

Das weiß auch Rektorenchef Hans Sünkel, der deswegen ein "hervorragend ausgebautes Stipendienprogramm" für "das Allerwichtigste" hält - danach könne man über Studiengebühren und etwaige Darlehensmodelle reden. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2011)