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Der 19-jährige "Baby Doc" Duvalier beim Amtsantritt 1971. Nach seinem Sturz 1986 schaffte er Millionen in die Schweiz.

Foto: Reuters

Ex-Diktatoren wie Haitis "Baby Doc" Duvalier oder Tunesiens Ben Ali haben Millionen in der Schweiz deponiert. Jetzt macht Bern Ernst mit Sperre und Rückgabe der Gelder an die bestohlenen Länder.

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Die Regierung in Bern hat am Mittwoch bekanntgegeben, dass sie mehrere Dutzend Millionen Franken blockiert hat, die der gestürzte tunesische Machthaber Zine El Abidine Ben Ali und dessen Umfeld auf Schweizer Banken geparkt hatten. Und am 1. Februar tritt ein neues Gesetz in Kraft, das die Rückgabe von sogenannten Potentatengeldern erleichtern soll, von Geldern also, die von Drittwelt-Diktatoren in die Schweiz in Sicherheit gebracht worden sind.

Das vom Schweizer Parlament im Herbst 2010 verabschiedete Gesetz wird als "Lex Duvalier" bezeichnet, da es speziell auf den Fall des ehemals in Haiti herrschenden Duvalier-Clans zugeschnitten wurde. Diese Vermögenswerte - es handelt sich um vergleichsweise bescheidene 5,5 Millionen Franken (4,2 Mio. Euro) - wurden in der Schweiz kurz nach der Absetzung von "Baby Doc" Duvalier 1986 blockiert.

Beweislast umgekehrt

Duvalier hat die Blockierung seiner Gelder durch die Schweiz angefochten; ein rechtskräftiges Urteil des haitianischen Staates, wonach diese Gelder dem haitianischen Volk und nicht dem Duvalier-Clan gehören, gibt es nicht. Dennoch - und das ist das entscheidend Neue an dem Gesetz - kann die Schweiz nun verhindern, dass die Gelder wieder in die Hände des Ex-Diktators gelangen: Falls ein Land wie Haiti nicht über ein funktionierendes Rechtssystem verfügt und somit kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, kann das Schweizer Bundesverwaltungsgericht die Beweislast umkehren.

Der ehemalige Diktator müsste also belegen können, dass er die Gelder rechtmäßig erworben hat. Ansonsten erstattet die Schweiz die Gelder dem jeweiligen Staat und nicht dessen Ex-Machthaber zurück. Die Gelder müssen dann, wie nun in Haitis Beispiel, eingesetzt werden für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung, für die Stärkung des Justizwesens und die Bekämpfung der Korruption.

Das neue Gesetz sei "ein Schritt in die richtige Richtung", heißt es bei der entwicklungspolitisch engagierten NGO "Erklärung von Bern", die sich seit langem für die Rückgabe von Diktatorengeldern und für einen sauberen Finanzplatz Schweiz einsetzt. Freilich brauche es noch weitere Maßnahmen: So müssten die Banken ihre Kontrollen schon bei der Entgegennahme von Geldern aus dubiosen Quellen verstärken, forderte Olivier Longchamp von der "Erklärung von Bern" im Online-Dienst "Swissinfo".

Dass die Schweiz als Hort für Fluchtgelder von Drittwelt-Herrschern und -Eliten nach wie vor beliebt ist, zeigt sich daran, dass nicht nur Tunesiens Ben Ali und dessen Entourage Vermögenswerte in die Schweiz gebracht hatten, sondern laut Westschweizer Medienberichten auch der langjährige Machthaber der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, der nach seiner Wahlniederlage international nicht mehr als Staatschef anerkannt wird. Gbagbo soll schon im vergangenen Jahr eine ihm gehörende Villa am Genfer See für mehrere Millionen Franken verkauft haben. Wohin er das Geld gebracht hat, ob auch auf Schweizer Bankkonten, weiß man nicht. (Klaus Bonanomi aus Bern/DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2011)