Genf/Wien - Österreich ist am Mittwoch im Rahmen der Universellen Menschenrechtsprüfung vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf erstmals hinsichtlich der Menschenrechtslage geprüft worden. Dabei zeigte sich die österreichische Bundesregierung, vertreten durch Außenminister Michael Spindelegger, durchaus dialogbereit: "Österreich hat ein klares Bekenntnis zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte", erklärte Spindelegger in seiner Eröffnungsrede. Im Anschluss musste sich der Außenminister bei der Anhörung den kritischen Fragen von knapp 50 StaatenvertreterInnen stellen.

Frage- und Empfehlungsrunde der Staatengemeinschaft

In diesem "interaktiven Dialog" forderte die Staatengemeinschaft insbesondere Aufklärung hinsichtlich effektiver Maßnahmen gegen Rassismus und Verhetzung, v.a. auch in den Medien und der Polizei, zu einem einheitlichen Diskriminierungsschutz und zur Einrichtung einer unabhängigen Menschenrechtsinstitution.

Darüber hinaus fanden sich eine Fülle weiterer Menschenrechtsthemen in den Äußerungen der StaatenvertreterInnen wieder, wie beispielsweise die Gleichstellung von Frauen insbesondere am Arbeitsmarkt, der Schutz vor häuslicher Gewalt von Frauen und Kindern, die volle Partizipation von Menschen mit Behinderungen, die mangelnde Umsetzung der Minderheitenrechte, das Fehlen systematischer Menschenrechtsbildung oder die massiven Kürzungen in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Drei für Lesben, Schwule und Transgenderpersonen relevante Themen wurden von den VertreterInnen der anderen Staaten angesprochen.

Beim Thema Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen meinte Spindelegger, dass sich das Durchschnittseinkommen zu einer völligen Angleichung entwickeln müsse, dies werde aber noch einige Zeit dauern.

Empfehlungen decken sich mit NGO-Forderungen

Im Anschluss an ihre Fragen wurden seitens der Staatengemeinschaft insgesamt mehr als 120 Empfehlungen ausgesprochen, die sich laut Initiative "menschenrechte. jetzt." in einer Vielzahl mit jenen von NGOs in Österreich decken. So wurden von einigen Staaten die Erstellung eines nationalen Aktionsplanes gegen Rassismus und für systematische Menschenrechtsarbeit vorgeschlagen (z.B. Indien, Spanien), die Einrichtung einer unabhängigen Menschenrechtsinstitution empfohlen (z.B. Deutschland, Costa Rica) und die Wichtigkeit der Einbeziehung der Zivilgesellschaft in alle politischen Maßnahmen betont (z.B. Norwegen, Philippinen).

Wo Wille, da hoffentlich auch Taten

"Wie erwartet wurde der Dialog mit der österreichischen Zivilgesellschaft von Regierungsseite immer wieder betont und auch der Wille zu verstärktem Engagement in von 'menschenrechte. jetzt.' genannten Menschenrechtsbereichen bekundet. Nun muss die Zukunft zeigen, ob es sich dabei um bloße Versprechungen handelt, oder ob entsprechende Taten folgen", so Barbara Kussbach, Menschenrechtskonsulentin und Koordinatorin der Initiative, die die Verhandlung vor Ort in Genf live mitverfolgte.

Schwul-lesbische Hausaufgaben

Ebenfalls anwesend war Kurt Krickler, Generalsekretär der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien: "Österreich muss auch im schwul-lesbischen Bereich seine Hausaufgaben erledigen", lautete sein Resümee. "Am häufigsten wurde die Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung kritisiert, die leider auch durch die erst in der Vorwoche vom Nationalrat beschlossenen Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes weiter einzementiert wurde", so Krickler. Eine "Harmonisierung" der Antidiskriminierungsbestimmungen wurde empfohlen. Weiters kritisiert wurden die fehlende Adoptionsmöglichkeit und der fehlenden Zugang zur Fortpflanzungsmedizin für eingetragene PartnerInnen. Die Staatengemeinschaft empfahl eine entsprechende Änderung des Gesetzes. Während Spindelegger auf die Kritik an der Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung nicht einging, erklärte er, dass kein gesellschaftlicher Konsens für eine Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare bestehe und in absehbarer Zeit daher mit keiner Lösung dieser gesellschaftspolitischen Frage zu rechnen sei.

Spanien wiederum kritisierte den mangelhaften Schutz vor Hassverbrechen und forderte die Berücksichtigung von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität beim Tatbestand der Verhetzung. "Auch hier liegt bereits seit April 2010 eine Regierungsvorlage im österreichischen Parlament", so Krickler. "Der Nationalrat erweist sich immer mehr als Bremse für die Umsetzung voller Menschenrechte."

Weitere Schritte

Am Donnerstag wurde der österreichischen Delegation eine Zusammenfassung des Dialogs zur Durchsicht übermittelt. Am Freitag werden die vorläufigen Empfehlungen - nach einer ersten kurzen Stellungnahme der Regierung dazu - verlautbart. Die österreichische Regierung hat dann bis Juni 2011 Zeit, sich zu den Vorschlägen detailliert zu äußern. Zu diesem Zeitpunkt können dann auch NGOs zu Wort kommen. Die Empfehlungen sollten sukzessive bis zur nächsten Prüfung in vier Jahren umgesetzt werden.

Universelle Menschenrechtsprüfung

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen prüft seit drei Jahren systematisch die Menschenrechtslage in allen 192 Mitgliedsstaaten. Die Diskussion im Menschenrechtsrat hat sämtliche Menschenrechtsverpflichtungen zur Grundlage. Das Ergebnis ist eine Reihe von Empfehlungen der UNO an Österreich zur Verbesserung der Menschenrechtssituation. (red)