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Ein verletzter Polizist wird von Kollegen in Sicherheit gebracht.

Foto: AP

Kairo/Washington - Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei hat am Donnerstag den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zum Rücktritt aufgefordert. Es sei an der Zeit, dass Mubarak in den Ruhestand gehe, sagte der Reformpolitiker am Donnerstag gegenüber Journalisten in Wien. ElBaradei kündigte zugleich an, sich an den Protestaktionen in seinem Heimatland zu beteiligen. Er wolle allerdings die Demonstrationen nicht anführen. Der Nobelpreisträger erwartet nach eigenem Bekunden für Freitag Großdemonstrationen in ganz Ägypten.

Der frühere Generaldirektor der internationalen Atomenergieorganisation (IAEA/IAEO) werde am Donnerstagabend nach Kairo fliegen und sich am Freitag den Straßenprotesten anschließen, teilte sein Sprecher Abdul-Rahmman Samir mit. Der internationale Druck auf den ägyptischen Präsident Hosni Mubarak nahm unterdessen zu. So forderte US-Außenministerin Hillary Clinton am Mittwoch, die Demonstrationen nicht gewaltsam zu unterdrücken und politische Reformen einzuleiten.

1.300 österreichische Urlauber im Land

Für eine Reisewarnung sei es zwar noch zu früh, das Außenministerium verfolge die „gespannte Lage" in Ägypten aber besonders aufmerksam, sagte Außenminister Michael Spindelegger am Donnerstag am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Nach Informationen des Außenministeriums halten sich derzeit 1.300 österreichische Urlauber in den ägyptischen Touristenzentren Luxor, Hurghada und Sharm el-Sheikh auf.

Die Berichterstattung über die Proteste wurde von den ägyptischen Behörden erschwert. Das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) teilte mit, dass Internetseiten zweier unabhängiger ägyptischer Zeitungen sowie der Zugang zu Sozialen Netzwerken blockiert würden. Außerdem seien einheimische und internationale Journalisten von den Sicherheitskräften angegriffen worden, berichtete das CPJ. Ein Kameramann der Nachrichtenagentur AP und sein Assistent wurden am Mittwochabend beim Filmen der Proteste festgenommen und trotz ihrer offiziellen Papiere erst nach Stunden freigelassen. Auch ein Fotograf der AP wurde von Sicherheitskräften verletzt. Nach Angaben des CPJ wurden mindestens sechs Journalisten einer unabhängigen ägyptischen Zeitung von Sicherheitskräften verprügelt.

Bisher sechs Tote

Am zweiten Tag der Großdemonstrationen in Kairo und anderen ägyptischen Städten kamen bei Zusammenstößen in der Hauptstadt am Mittwoch zwei Menschen ums Leben, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Ein Demonstrant und ein Polizist seien von Steinen tödlich getroffen worden. Damit stieg die Gesamtzahl der Toten bei den andauernden Protesten gegen die Regierung auf sechs. Mindestens 860 Demonstranten sollen festgenommen worden sein.
Die Demonstrationen gegen den seit drei Jahrzehnten andauernden autoritären Regierungsstil Mubaraks sind vom Sturz des tunesischen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali durch einen Volksaufstand vor zwei Wochen inspiriert worden. Bereits am Tag der Flucht Ben Alis nach Saudi-Arabien hatte Clinton arabische Herrscher vor Unruhen gewarnt, sollten sie nicht dringende soziale Probleme angehen.

Mit ElBaradei schließt sich Mubaraks womöglich stärkster Herausforderer der Protestbewegung an. ElBaradei könnte letztlich sogar zu einer Kristallisationsfigur für die Proteste werden. Allerdings wurde immer wieder die Frage gestellt, inwieweit ElBaradei bereit sei, sich einzubringen. Er kündigte an, nicht bei den Präsidentschaftswahlen anzutreten, solange nicht politische Reformen durchgeführt würden. Dass er vor seiner Rückkehr nach Ägypten im vergangenen Jahr jahrzehntelang im Ausland lebte, stößt bei potenziellen Anhängern noch immer auf Kritik.
Die verbotene Muslimbruderschaft - Ägyptens größte und am besten organisierte Oppositionsgruppe - hat sich auf ihren Webseiten mit den Protesten solidarisiert. In einer dort veröffentlichten Mitteilung rief die Bruderschaft dazu auf, die Proteste friedlich abzuhalten. Allerdings griff sie nicht die Forderungen nach einem Rücktritt Mubaraks auf.

Angesichts der größten regierungsfeindlichen Demonstrationen in Ägypten seit Jahren vermied Clinton eine direkte Aussage, dass die USA Mubarak - seit Jahren einer ihrer wichtigsten arabischen Verbündeten im Nahen Osten - weiter unterstützten. „Ägypten ist ein starker Verbündeter", sagte Clinton lediglich. (APA, Reuters)