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Die Überraschung bei den Australien Open: Die an Nr. 9 gesetzte Li Na.

Foto: EPA/Walton

Melbourne - Li Na hat Tennis-Geschichte geschrieben. Die 28-Jährige kämpfte sich bei den Australian Open am Donnerstag als erste Chinesin in ein Grand-Slam-Finale und ließ sich dabei auch nicht von der Weltranglistenersten Caroline Wozniacki stoppen. Im Endspiel am Samstag wartet nun die Belgierin Kim Clijsters, die in Melbourne zum zweiten Mal nach 2004 nach dem Titel greift.

3:6,7:5,6:3 setzte sich Li gegen die topgesetzte Wozniacki durch. Die Dänin, die auch nach dem Turnier in Melbourne als Nummer eins im Damen-Tennis aufscheinen wird, muss damit weiter auf ihren ersten Grand-Slam-Erfolg warten. Clijsters machte im Anschluss mit der Russin Wera Swonarewa kurzen Prozess und gewann gegen die Weltranglistenzweite, die in Runde 1 Sybille Bammer aus dem Bewerb geworfen hatte, 6:3,6:3. Der jüngste Vergleich der beiden Finalistinnen ist erst zwei Wochen her. Li und Clijsters standen einander bereits beim Vorbereitungsturnier in Sydney im Finale gegenüber, die Chinesin gewann 7:6(3),6:3 und holte damit ihren vierten WTA-Titel. Bei den Australian Open war sie im Vorjahr im Halbfinale gescheitert, nun ist die Chinesin einen Schritt weiter. "Man lernt eben dazu, wir Asiatinnen sind mental stark und geben nie auf." 

Matchball abgewehrt

Die Frau aus Wuhun ist in Melbourne durch ihre Erfolge, ihren Witz, ihr wunderbar gebrochenes Englisch und durch die Anekdoten aus der Beziehung zu Trainer-Ehemann Jiang Shan (Kosename Hubby) zur Kultfigur geworden. Auf einen Tennisspieler aus China muss weiter gewartet werden, da ist keiner in Sicht. Li Na ist noch die Nummer elf, nach Melbourne wird sie sich um zumindest vier Plätze verbessert haben. Die Deutsche Andrea Petkovic war im Viertelfinale das Opfer. "Sie hat so eine Aura, manchmal spürt man das Selbstvertrauen, ich denke, sie gewinnt", sagte Petkovic. Li widersprach nicht. "Wir Asiaten sind mental stark."

Li setzte ihren nun elf Partien andauernden Siegeszug gegen Wozniacki fort und ist in diesem Jahr nach wie vor ungeschlagen. Lange Zeit sah es in der Rod Laver Arena jedoch danach aus, als würde die Halbfinalistin des Vorjahres am Druck, als erste Tennisspielerin aus dem Reich der Mitte ins Finale eines der vier wichtigsten Turniere einziehen zu können, zerbrechen. Der offensichtlich nervösen Asiatin unterliefen ungewohnt viele leichte Fehler, sodass Wozniacki im zweiten Satz beim Stand von 5:4 sogar einen Matchball hatte.

Doch Li kämpfte sich zurück und verwandelte nach 2:35 Stunden ihren ersten Matchball. "Nachdem ich den Matchball abgewehrt hatte, dachte ich mir: Okay, nun ist die Chance da", meinte sie nach der Partie. "Ich bin sehr glücklich, dass ich es als erste Chinesin geschafft habe", sagte die in der Vergangenheit oft von Verletzungen geplagte Li. Mangels bisheriger Konkurrenz in ihrem Land meinte sie schmunzelnd. "Ich bin bei allem die Erste." Wozniacki war hingegen am Boden zerstört. "Ein Ball hat den Unterschied ausgemacht und ich könnte hier als Siegerin sitzen", sagte die 20-Jährige. "Aber meine Zeit wird kommen."

"Vielleicht ist mein Erfolg gut für das Tennis in China, vielleicht", sagte Li, und sie übte leise Kritik an der obersten Sportführung. "Bisher war man vielleicht nicht so am Tennis interessiert." Dennoch gibt es gewaltige Anstrengungen und Steigerungsraten. Betrieben 1988, als Tennis wieder olympisch wurde, nur etwa eine Million Menschen diesen Sport, sind es jetzt laut WTA 14 Millionen auf 30.000 Plätzen. Im Staatsfernsehen ist Tennis nach Fußball und Basketball mittlerweile Sportart Nummer drei. Seit 2002 wurden 400 Trainer der höchsten Ebene ausgebildet. "Tennis wird bei uns größer und größer", sagt Li Na, "es kommen immer mehr Journalisten mit. Man weiß natürlich nicht, was sie schreiben." Einen persönlichen Erfolg konnte sie in den Verhandlungen mit dem Verband erzielen. Sie muss nur noch zwölf Prozent ihres Preisgeldes abgeben, bisher waren es 60. Li Na hat bereits 3,5 Millionen Dollar erwirtschaftet.

Scharchender Gatte als Schlafräuber

Zu kämpfen hatte Li vor dem Match auch mit ungewöhnlichen Problemen. Ihr schnarchender Gatte habe ihr eine schlaflose Nacht bereitet, verriet die Chinesin. "Er hat gesagt, entspann dich. Aber wie soll ich entspannen, wenn ich nicht schlafen kann?", meinte Li. Sie hoffe nun, vor dem Endspiel besser schlafen zu können: "Diesmal muss Hubby ins Badezimmer." Li Na fasziniert mit ihren erstaunlich offen vorgetragenen Privatgeschichten. So weiß die Welt auch, dass der Ehemann die Kontrolle über die nichtlimitierte Kreditkarte hat, und dass die beiden unterschiedlicher Meinung darüber sind, wann denn nun der fünfte Hochzeitstag ist: der Final- oder der Halbfinal-Tag?

Clijsters zeigte gegen Swonarewa eine starke Leistung und knüpfte nahtlos an ihre Vorstellung im US-Open-Finale 2010 an, als sie die Russin ebenfalls klar in zwei Sätzen besiegt hatte. 73 Minuten dauerte die Lehrstunde für Swonarewa, die zum dritten Mal in Serie in einem Major-Halbfinale gestanden war. "Ich bin sehr zufrieden, wie es heute gelaufen ist. Es ist ein nettes Gefühl zu wissen, dass nur noch ein Match wartet", sagte Clijsters, die am Samstag nach drei Siegen bei den US Open ihren vierten Grand-Slam-Titel anpeilt.

2004 war sie im Finale ihrer Landsfrau Justine Henin-Hardenne unterlegen. Über ihre Gegnerin meinte die Belgierin: "Sie hat keine großen Schwächen." Der WTA-Computer wird Clijsters unabhängig vom Final-Ergebnis am Montag als neue Nummer zwei ausgeben. Swonarewa war sich ihrer Chancenlosigkeit bewusst. "Kim hat einfach perfekt gespielt. Ich konnte ihr nicht weh tun."

Im Doppel-Bewerb der Herren greifen die amerikanischen Brüder Bob und Mike Bryan nach ihrem zehnten Grand-Slam-Titel. Das an Nummer eins gesetzte US-Duo gewann im Halbfinale gegen Eric Boturac/Jean-Julien Rojer (USA/AHO) ohne Probleme 6:3,6:2. Im Endspiel treffen die Doppel-Weltranglistenersten auf das indische Duo Mahesh Bhupathi und Leander Paes, das sich gegen Max Mirnyi und Daniel Nestor (BLR/CAN) mit 7:6(5),4:6,6:3 behauptete. (red/APA/sid)