Gleichstellung 

Von einem "umfassenden Antidiskriminierungsrecht", das von dem in der Verfassung verankerten Prinzip der Gleichbehandlung ausgehe, berichtet die Regierung in ihrem Bericht nach Genf. An einer "etappenweisen Harmonisierung aller Diskriminierungsgründe (Levelling-Up)" werde gearbeitet.

Dieses Recht sei "unübersichtlich, über viele Bundes- und Landesgesetze verteilt" und enthalte "unterschiedliche Schutzstandards für verschiedene Diskriminierungsmerkmale", besagt dagegen der NGO-Bericht. Das führe zu Ungleichheiten und Rechtsunsicherheit.

Der Regierungsbericht weist auch auf den im Strafrecht verankerten Tatbestand der Verhetzung hin. An einer Ausweitung des Schutzes werde gearbeitet. Im NGO-Bericht wird hingegen die "häufige Nicht-Anwendung" dieser Strafbestimmung als "bedenklich" eingestuft - vor allem bei "Fremden, Migranten, Asylwerbern und Minderheiten".

Bildung

"Die Schule hat ein höchstmögliches Bildungsniveau für alle zu sichern. Alle Kinder und Jugendlichen sollen unabhängig von ihrem familiären Hintergrund die Chance auf bestmögliche Bildung und Ausbildung erhalten". So stellt der offizielle "Staatenbericht Österreich" die Grundlagen des heimischen Bildungswesens dar. Besonderer Wert werde auf die "Förderung der Aus- und Weiterbildung und Beschäftigung von Jugendlichen" gelegt.

Der NGO-Bericht widerspricht frontal: Die soziale Durchlässigkeit zu höherer Bildung sei nicht gewährleistet, "da das Grundschulsystem nach sozialen Merkmalen segregiert". Die "unzureichende Inklusion" von Migranten habe "zu einer Ghettoisierung der Schulen geführt". Weiters gebe es eine Verschlechterung durch "Ressourcenkürzung". Die NGOs schlagen die "Erhöhung des Budgets für Grund- und Hochschulen auf sieben Prozent des Bruttonationalprodukts" vor.

Frauen

Der "Umgang mit der Chancengleichheit von Frauen" wird im NGO-Bericht als vordringliches "strukturelles Menschenrechtsdefizit" genannt. Die österreichische Gesellschaftsstruktur sei "von patriarchalen Mustern geprägt. Gleichberechtigung von Frauen ... ist nicht verwirklicht", heißt es da. Das "durchschnittlich um 18 Prozent niedrigere Lohnniveau für Frauen" wird in dem 19-Seiten-Dokument als zentraler, weil struktureller, Hemmfaktor bei der Durchsetzung des sozialen Menschenrechts auf Arbeit genannt. Als "maßgeblicher Faktor" für diesen Missstand werden "mangelnde Kinderbetreuungseinrichtungen" genannt.

Anders der Regierungsbericht. Nach dem Hinweis auf Reformen der 1920er- und 1970er-Jahre sowie auf Gender-Mainstreaming- und Gender-Budgeting-Arbeitsgruppen werden "Defizite" konzediert. Vom unterschiedlichen Männer- und Frauenlohnniveau ist nicht die Rede.

Asyl und Migration 

Österreich bekenne sich "zu einer geregelten und bedarfsorientierten Zuwanderung", zum "Asylrecht als Menschenrecht" und zur "menschenrechtskonformen Praxis bei Abschiebungen", heißt es im Regierungsbericht. Österreich habe "ein spezielles humanitäres Aufenthaltsrecht für besonders Schutzbedürftige" eingeführt - und führe bei jeder Inschubhaftnahme eine "einzelfallbezogene Interessensabwägung" durch.

Dem widerspricht der NGO- Bericht: Mit der Gesetzesnovelle 2009 seien die Schubhaft-Gründe "erneut ausgedehnt worden". Auch Minderjährige würden in die "für derartige Verwaltungsmaßnahmen nicht geeigneten Polizeianhaltezentren" gebracht. Der Zugang zum Asylverfahren sei wegen "restriktiver Anwendung der EU-Verordnung Dublin II" sehr eingeschränkt. Die Berufungsmöglichkeit beim VwGH sei gekappt worden. Und das vom VfGH judizierte Bleiberecht habe man nicht umgesetzt.

Minderheiten 

Der Schutz von Minderheiten (seien es Volksgruppen oder andere, etwa Gehörlose) werde in Österreich durch Uneinheitlichkeit und "mangelnde Umsetzung des Staatsvertrags von 1955" geschwächt, heißt es im NGO-Bericht. Volksgruppenrechte würden auf Basis eines veralteten "historischen Siedlungsrechts" gewährt, das Urbanisierung und Landflucht unberücksichtigt lasse. Für Gehörlose werde die "österreichische Gehörlosensprache" nicht ausreichend gefördert - und es gebe zu wenige Dolmetscher.

Der Regierungsbericht weist auf ein Ausbildungsangebot für Lehrer sowie mehrere Fortbildungen in Gebärdensprache hin. An einem einschlägigen Lehrplan werde auf ministerieller Ebene gearbeitet. Die Volksgruppen schützt laut Regierung die Verfassung und das Volksgruppengesetz. Auch an einer Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses über die zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten aus 2001 werde gearbeitet. (bri, DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2011)