Wien - Das Hagen Quartett feierte im Rahmen der Mozartwoche 2011 sein dreißigjähriges Bühnenjubiläum - mit zwei Mozart-Schlüsselwerken und mit der Uraufführung des 6. Streichquartetts von Georg Friedrich Haas. Wie modern Mozarts Einleitung zum "Dissonanzen-Quartett" ist, wurde in diesem Kontext ganz besonders deutlich. Die vom Hagen Quartett atemberaubend leise und spannungsvoll entwickelten Reibungen könnten in jedem zeitgenössischen Werk vorkommen, ohne dass sie als "Mozart-Zitat" allzu schnell aufgespürt würden.

Insgesamt? Es eröffnete die betont ruhige, vollendet ausbalancierte Wiedergabe von KV 465 durch das Hagen Quartett Blicke in so manche beinahe Schubert'schen Abgründe. Umgekehrt entwickelte Georg Friedrich Haas' neues Streichquartett - mit vertrautem mikrotonalem Schillern und Flirren - beinahe romantische Züge. Durch bewusst umgestimmte Saiten öffnen sich oft allein zwischen zwei leer gestrichenen Saiten neue Klangwelten. Flirrende schillernde Tremoli und Glissandi, überirdisch wirkende Flageoletts, berückend schöne Obertonwirkungen und interessante "Beinahe-Unisoni". Haas scheint sich stärker denn je jenseits aller Harmonik und Akkordik (auch durch Obertonwirkungen) zu bewegen. Geradezu sinnlich changieren die Stimmen in feinen Clustern.

Danach fanden sich das Hagen Quartett und Jörg Widmann zu einer vollendet "gesungenen" Wiedergabe von Mozarts Klarinettenquintett KV 581 zusammen. Übrigens: Komponist und Klarinettist Widmann präsentierte auch Heinz Holligers ebenso virtuose, wie klangsinnlich-musikantische Technikstudie Rechant für Klarinette solo. Zeitgenössisches und Historisches wird bei der Mozartwoche eben reizvoll kombiniert. (klaba / DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2011)