Schlussendlich sind die Wikileaks-Depeschen auch in der österreichischen Innenpolitik angekommen. Das Nachrichtenmagazin News veröffentlicht in seiner morgigen Ausgabe die Texte, die mit österreichischen PolitikerInnen zu tun haben. Per Aussendung wurden heute einige Zitate aus den Depeschen ausgeschickt:

Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel beschwerte sich etwa im April 2007 bei der damaligen US-Botschafterin Susan McCaw, dass die SPÖ noch immer in ihrer Anti-Eurofighter-Kampagne festgefahren sei. Die Eurofighter seien für ihn eine "Frage des Prinzips". Er selbst habe im Wahlkampf für dieses Prinzip "einen sehr, sehr hohen Preis bezahlt". Schüssel nennt Norbert Darabos "eine echte Enttäuschung als Verteidigungsminister".

Über Heinz-Christian Strache notierten die US-Beamten, dass dieser bei einem Treffen 2007 einen US-Beamten mit den Worten begrüßte, dass die FPÖ "niemals das Recht eines demokratischen Landes, die Todesstrafe zu verhängen, kritisieren" würde. Der FP-Chef sprach dann von einer "Islamisierung Europas".

Im Protokoll wird verzeichnet, dass der FP-Klubdirektor Norbert Nemeth "geschliffener und intellektueller" aufgetreten sei als der FP-Abgeordnete Harald Vilimsky. Strache wiederum habe sich als "nationalkonservativer und zynischer Politiker" präsentiert. In ihrem Fazit schrieben die Diplomaten , dass ein weiterer Dialog mit der FPÖ "wenig Gewinn bringend" sein werde. 

Auch Enthüllungen zu Österreichs Waffenlieferungen an den Iran 

Die Informationen zu den angeblichen Waffenlieferungen österreichischer Firmen stammten von Depeschen der US-Botschaft in Wien, die der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielten worden seien.

Im Fokus der USA standen dabei vor allem Geschäfte mit dem Mullah-Regime über Waffen und Hightech, die "essenziell für die Pläne Teherans, Atomkraftwerke und wohl auch Atombomben zu bauen" seien. Heimische Ministeriums-Mitarbeiter hätten laut "News" sogar die US-Botschaft "heimlich über bereits beantragte Waffenexporte" informiert.

Mehrfach wird in den Depeschen erwähnt, dass die Geschäfte mit dem Iran - insbesondere die Exporte der Firma Steyr-Mannlicher - die "Beziehungen Österreichs zu den USA massiv belasten" würden. Sollten die Waffen auch noch in den Irak gelangen, hätte dies jedenfalls "negative Konsequenzen" für die amerikanisch-österreichischen Beziehungen, zitiert das Magazin den Ex-Botschafter Lyons Brown.

Wolfgang Fürlinger, Ex-Eigentümer von Steyr-Mannlicher, soll den Amerikanern jedoch ein ziemlich unmissverständliches Angebot gemacht haben: Das Iran-Geschäft sei zehnmal so groß wie jenes seiner Firma in den USA, wenn sich das nicht grundlegend ändere, habe er "keine Option". Gebe es aber ein US-Geschäft, das jenes im Iran "kompensieren" würde, könne er sich auch vorstellen, sich vom "Markt im Mittleren Osten" zurückzuziehen, wird der Firmenchef zitiert. Michael Engesser, jetziger Geschäftsführer der Waffenfirma, betonte am Mittwoch, dass Steyr-Mannlicher sich "immer an die gesetzlichen Bestimmungen" gehalten habe. Von den damaligen Geschäften Fürlingers wisse man nichts.

24-Jähriger soll Teheran mit "Dual-Use-Gütern" versorgt haben

Viel Raum in den geheimen US-Depeschen nimmt laut der Fall des Steirers Daniel F. ein, der "das Mullah-Regime mit Hightech für das iranische Raketen- und Atomprogramm beliefert haben soll." Der 24-Jährige soll Teheran mit "zahlreichen sensiblen Bauteilen, sogenannten 'Dual-Use-Gütern'" versorgt haben. Österreichische Ermittler kooperierten in dem Fall nicht nur mit US-Behörden, sondern zogen angeblich auch den britischen Auslandsgeheimdienst bei. Österreichische Behörden hätten den Amerikanern "auf informellem Wege enorme Mengen elektronischer Daten aus der Firma Daniel F Exports angeliefert", heißt es wörtlich in einer Depesche.

 

Daniel F. befinde sich bis heute auf der Flucht, sei zuletzt in den Vereinigten Arabischen Emiraten vermutet und international zur Fahndung ausgeschrieben worden, schreibt das Nachrichtenmagazin. Das Innenministerium wollte den Fall Daniel F. nicht bestätigen und verwies auf das Landesgericht Graz, das für die Causa zuständig sei. (red/APA, derStandard.at, 26.1.2011)