London - Nach einer vermeintlichen Abseits-Fehlentscheidung einer Fußball-Linienrichterin im Premier-League-Spiel zwischen Wolverhampton und dem FC Liverpool (0:3) ist in England eine Diskussion um den Einsatz weiblicher Referees entbrannt. Zwei Kommentatoren des Fernsehsenders Sky hatten nach der Entscheidung erklärt, "Frauen verstehen die Abseits-Regel nicht". Einer von ihnen, der schottische Ex-Teamstürmer und nunmehrige TV-Experte, Andy Gray, wurde von seinem Arbeitgeber entlassen, berichtete der Sender Sky News. Sein Kollege Richard Keys gab am Mittwoch seine Kündigung bekannt.

Keine Entschuldigung, dafür Entlassung

Die sexistischen Bemerkungen fielen zwar nicht in der Live-Übertragung, das aufgezeichnete Material wurde aber einer Zeitung zugespielt. Neben Äußerungen wie "Jemand sollte ihr besser erklären, was Abseits ist" und "Unglaublich, ein weiblicher Schiedsrichter..." mokierten sich die Kommentatoren auch über eine der profiliertesten Frauen im britischen Fußball, der Vize-Chefin von West Ham United Karren Brady, die Kritik am Phänomen Sexismus im Sport übte.

Keys geht

Einer der Moderatoren, Richard Keys, entschuldigte sich "im Namen des Duos". "Es war falsch und hätte nicht passieren dürfen", sagte Keys, der seine Laufbahn bei Sky nach diesem Faux-pas freiwilig beendete. Seit zwanzig Jahren war er dort beschäftigt. Gray, der sich nicht persönlich entschuldigte, wurde zuvor entlassen. "Ich habe lange nachgedacht und bin zur Entscheidung gekommen, dass es Zeit ist, mich zu verändern. Ohne Andy weiterzumachen ist beinahe unmöglich."

Auch der Arbeitgeber entschuldigte sich bei der 25 Jahre alten Sian Massey. Der Kapitän der englischen Nationalmannschaft, Rio Ferdinand, bezeichnete die Äußerungen als "prähistorisch". Samatha Lee, die seit 17 Jahren über britischen Fußball berichtet, meinte, dass Keys und Gray sich lächerlich gemacht hätten, indem sie Masseys anscheinende Fehlleistung auf deren Frausein bezogen haben. Am Anfang ihrer Sportreporterinnenkarriere sei das üblich gewesen, erinnert sich Lee: "Für Frauen war es viel härter, weil sie keinen Fehler machen konnten, ohne dass sie beschuldigt wurden, sie könnten nicht pfeifen, weil sie eben Frauen sind." Die Zeiten hätten sich aber geändert.

 

Massey "Spitzenklasse"

Inzwischen stellte sich heraus, dass die Linienrichterin richtig lag - obwohl Fernsehbilder zunächst einen völlig anderen Eindruck vermittelten. Massey hatte das Spiel zurecht weiterlaufen lassen. "Die Entscheidung, die sie am Samstag getroffen hat, war eine der Entscheidungen, die nur ein Unparteiischer der Spitzenklasse treffen kann", sagte Ian Blanchard, Schiedsrichter-Beauftragter des englischen Fußballverbandes FA. Massey ist eine von nur drei weiblichen Top-Schiedsrichterinnen in Großbritannien. (APA/Reuters/red)