"Mobikid" - als Brettspiel und als App - gestaltet jugendliche Beweggründe für die Öffibenützung als Schnitzeljagd.

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Das Untersuchungsobjekt ist bekanntermaßen schwierig - oder zumindest schwer in seiner Heterogenität zu fassen. "Die Jugend" , da waren sich die großteils markt- und meinungsforschenden Experten im Forum "Jugend unterwegs" am 20. Jänner in Wien einig, gibt es nicht in dieser Uniform. Demnach wird es wohl auch schwer sein, "diese Jugendlichen" als homogenen Block öffentlich zu bewegen.

Doch genau das zu tun, gilt als das erklärte Ziel eines Gremiums, das seine Arbeit in Verlängerung der "ways2go" -Initiative des Infrastrukturministeriums erledigt: Jugendliche in möglichst großer Anzahl für öffentliche Verkehrsmittel zu begeistern. Weil junge Menschen - auch da war man sich einig - eben zu den lernfähigsten Adressaten der Kampagne zählen, die derzeit 31 Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von rund fünf Millionen Euro umfasst.

Die Stolpersteine auf dem Weg zur Öffibenutzung sind aber zahlreich: "Objektive Faktoren stehen bei Jugendlichen im Vordergrund, weniger die symbolischen" , schickte Odilo Seisser von Research and Data Competence als Mitveranstalter des Forums voraus. Soll heißen: Dort, wo es kaum Öffis gibt, können sie auch keinen schlechten Ruf unter Jugendlichen haben. Untersucht wird dennoch zu selten - auch von diesem Plenum - das Mobilitätsverhalten von Jugendlichen im ländlichen Raum.

Die Landschaftsplanerin Martina Jauschneg wagte sich jedenfalls aufs Land - genauer gesagt nach Straden in der Steiermark, wo der Anteil der Jugendlichen (bis 20 Jahre) mit 25 Prozent überdurchschnittlich hoch ist. Ihre Erkenntnis: Wo es kaum alltagstaugliche Öffis gibt, ist immerhin ein hoher Grad an Selbstorganisation unter Jugendlichen feststellbar - etwa beim Aufstellen von Fahrgemeinschaften. Und zumindest dieser junge Trieb sollte gepflegt werden, weil in Straden wahrscheinlich doch nicht so bald ein People-Mover, wie sie grundsätzlich empfiehlt, zum Einsatz kommt.

Die Verkehrs- und Sozialanalytikerin Karin Ausserer hat herausgefunden, dass häufig nicht die Motivation der Kinder, sondern die aktive Entscheidung der Eltern das Problem ist: Niederösterreichische Kinder, die angaben, lieber mit bewegungsintensiveren Verkehrsmitteln in den Kindergarten zu kommen, werden dennoch zu einem Drittel mit dem Auto dorthin gekarrt - weil sich die Wegzeit durchschnittlich um sechs Minuten verkürzt. Dass die Kinder mit der Automobilität früh darauf getrimmt werden, so wie Pendler nur einzelne Aktionspunkte wahrzunehmen, werde dabei aber häufig vergessen.

Als Aktionsplan zur Förderung der Orientierungsfähigkeit in jungen Jahren ist demnach das Projekt "Mobikid" angelegt. Dabei lernen Kinder ab sieben Jahren, per Brettspiel ein geografisches Verständnis für den 7. Wiener Gemeindebezirk und seine Öffis zu entwickeln. Da aber Kinder mit zehn Jahren bereits großteils ein Handy benützen und weil es heute für alle jugendlichen Beweggründe eine App braucht, haben sich die Illustratoren des Spiels nun auch mit einer Softwareschmiede zusammengetan. Eine, die jede Öffibenutzung zur Schnitzeljagd mit Möglichkeit zum Meilensammeln für das gute Gewissen macht, erfüllt wahrscheinlich sogar ihren Zweck. (saum/DER STANDARD, Printausgabe, 26.01.2011)