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"Ich gehe nicht fix davon aus, dass ich in den nächsten Länderspielen spiele."

Foto: APA/Neubauer

Enschede - Der Knopf ist ihm wieder so richtig aufgegangen. Österreichs Fußball-Teamkapitän Marc Janko erzielt in der niederländischen Ehrendivision für Meister Twente Enschede derzeit Tor um Tor.  Der 27-jährige Stürmerstar spricht über die Gründe für seinen Lauf, seine persönliche Weiterentwicklung, und seine Meinungsverschiedenheiten mit Teamchef Dietmar Constantini.

Sechs Tore in zwei Spielen. Solche Läufe haben Sie auch in Österreich schon gehabt. Gibt es eine Erklärung dafür?

 "Zwei gute Spiele sind noch kein Lauf, aber es stimmt - ich habe so etwas schon erlebt. Daher weiß ich jetzt, wie ich mit der Situation umgehen muss. Man darf gar nicht alles analysieren und zu viel nachdenken. Es ist ein guter Start. Ich fühle mich auch körperlich überraschend gut, obwohl ich in der Vorbereitung nicht ganz fit gewesen bin."

Wie kann man dieses Hochgefühl für Zeiten konservieren, in denen es vielleicht nicht so gut läuft?

"Erzwingen kann man gar nichts, das steht fest. Aber es ist immer schon eine Stärke von mir gewesen, dass ich meine Tore auch erzielt habe, wenn ich gar nicht so gut drauf war. Das ist meine Qualität, die kenne ich."

Im Herbst hat es in Enschede schon leise Kritik an Ihnen gegeben. Haben Sie sich jemals Sorgen gemacht, den hohen Erwartungen nicht gerecht werden zu können?

"Mir ist bewusst, dass man sich für fast sieben Millionen Euro viel erwartet. Kritiker wird es in jeder Phase geben. Damit habe ich mich abgefunden, das bringt auch die Erfahrung mit sich. Man muss einem Sportler aber mit Fairness begegnen. In den wenigsten Fällen funktioniert es bei einem neuen Club sofort. Ich bin mit meinem ersten halben Jahr zufrieden gewesen - auch wenn ich weiß, dass ich vieles besser machen kann. In den vergangenen zwei, drei Monaten habe ich kontinuierlich an meinen körperlichen Fähigkeiten gearbeitet, mit Stabilisierung und leichtem Krafttraining. Daher fühle ich mich jetzt auch in den Zweikämpfen viel wohler."

Mit vielen Toren in den Niederlanden empfiehlt man sich auch für die großen Topligen. Spielt das in Ihrem Kopf gar keine Rolle?

"Nein, nicht wirklich. Ich bin erst ein halbes Jahr hier und mein Fokus liegt ganz klar auf Enschede. Die Chance, in eine ganz große Liga zu kommen, ist hier größer als in Österreich. Die Liga ist viel anerkannter. Daher bin ich überzeugt, dass es der richtige Schritt war. Ich mache gerne einen Schritt nach dem anderen. England wäre ein zu großer Schritt gewesen, obwohl es auch Angebote gegeben hat. Für mich bin ich schon bei einem Topclub. Wenn es irgendwann ein noch größerer ist, in Ordnung."

Sie waren in der Vorbereitung angeschlagen, haben viele Spiele vor sich. Ist eine Pause im Länderspiel in zwei Wochen gegen die Niederlande für Sie dennoch kein Thema?

"Ich brauche keine Pause. Ich habe fast fünf Wochen nicht richtig trainieren können, aber ich hole mir meine Fitness über die Spiele. Auch im Nationalteam brauche ich keine Pause. Wenn das der Teamchef anders sieht, ist es okay."

Im November gegen Griechenland (1:2) war Ihnen im Sturm Stefan Maierhofer vorgezogen worden. Nehmen Sie diesen Kampf an?

"Der Teamchef und ich haben eine andere Sichtweise, was die Aufstellung betrifft. Das habe ich schon mehrfach gesagt. Ich bin der Ansicht, dass man einem Spieler, dem man durch die Kapitänsschleife Vertrauen übertragt, der bei seinem Club keine schlechten Leistungen bringt und Tore erzielt, zugestehen muss, zu spielen. Ich verstehe seine Argumentation, aber wir haben verschiedene Ansichten. Ich habe den Anspruch, zu spielen. Sonst wäre ich hier auch fehl am Platz. Der Trainer ist da - und das ist nicht negativ gemeint - etwas stur. Er lässt sich selten oder fast nie von seinem Weg abbringen. Da kann ich wenig daran ändern."

Rechnen Sie also trotz ihrer aktuellen Torquote nicht mit einem Stammplatz im Team?

"Ich gehe nicht fix davon aus, dass ich in den nächsten Länderspielen spiele. Aber ich mache mir dadurch keinen Stress. Meine Position erlaubt es nicht, dass ich schlechte Stimmung mache. Ich bin Kapitän der Nationalmannschaft. Daher war Griechenland unangenehm für mich. Ich habe lange überlegt, wie ich reagiere. Aber ich habe das dann im Sinne der Mannschaft geschluckt."

 Es stehen wichtige Begegnungen auf dem Programm. Würden Sie Belgien (25. März) und die Türkei (29. März) als Schlüsselspiele in der EM-Qualifikation bezeichnen?

"Es sind absolut wichtige Spiele, aber das Spiel gegen die Niederlande ist gar nicht unwichtiger. Weil wir dadurch sehen, ob wir gegen ganz große Gegner bestehen können. Dadurch können wir uns weiterentwickeln."

Stichwort Weiterentwicklung: In welcher Form haben Sie sich im vergangenen halben Jahr persönlich am meisten weiterentwickelt?

"Im Laufe der letzten Jahre bin ich sicher um einiges reifer geworden. Darum geht es. Der Sport ist momentan mein Leben. Aber es gibt auch ein Leben danach. Ich möchte mich auch als Mensch weiterentwickeln. Das ist nicht immer einfach."(APA)