Wien - Die Kritik an Darabos' Entscheidung, den Generalstabchef Edmund Entacher abzusetzen, ist groß. Eduard Paulus, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, hat am Montagabend gesagt: "Er bestätigt unsere Meinung über ihn, dass er stalinistisch und undemokratisch handelt." Darabos wolle Tausende Mitarbeiter einschüchtern, niemand darf eine andere Meinung haben - und wenn, dann wird er von ihm bestraft", so Paulus. Dies sei eine "beispiellose Haltung" und "sehr merkwürdig". Paulus erinnerte daran, dass der Minister ja selbst zur Diskussion über die Modelle der Wehrsysteme aufgerufen habe.

Zur Aussage Darabos', dieser habe die Konzeption und Berechnung der Wehrsystem-Modelle beim Generalstabschef in Auftrag gegeben, sagte Paulus: "Das ist eine Lüge." Die Modelle seien von der SPÖ-Parteizentrale ausgearbeitet worden, so Paulus, aber "sicher nicht von General Entacher". Aus dem Verteidigungsministeriums hieß es dazu, die Aussagen von Paulus würden sich von selbst disqualifizieren. Dieser sei "Obmann eines privaten Vereins" und habe mit der Ausarbeitung der Modelle "null" zu tun gehabt.

Am Dienstagfrüh teilte die Offiziersgesellschaft in einer Aussendung mit, dass sie Entacher die höchste Auszeichnung, die sie zu vergeben hat, verliehen habe: das Großoffizierskreuz in Gold der Österreichischen Offiziersgesellschaft. Die Begründung: Entacher habe höchste Zivilcourage gegenüber einem Ressortchef bewiesen, "der Parteipolitik über die Interessen des Landes stellt".

ÖVP "besorgt"

Auch ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger hat sich am Montagabend "besorgt" über die Abberufung von Generalstabschef Edmund Entacher durch Darabos gezeigt: "Hier werden ernstzunehmende Kritiker und Experten mundtot gemacht", das sei eine "höchst bedenkliche Vorgehensweise". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter verteidigte die Entscheidung des Ministers. "Darabos ist im Interesse der Sicherheit unseres Landes keinen Tag länger tragbar", meinte hingegen die FPÖ. Die Grünen sprachen sich für die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates aus. Das BZÖ sprach von einer "völlig falschen Reaktion" des Ministers.

Scharfe Kritik an Darabos hat auch ÖVP-Wehrsprecher Norbert Kapeller geübt: "Das geht ja schon Richtung Meinungs- und Gesinnungsterror, was Darabos hier betreibt."

Kräuter hält die Entscheidung seines Parteikollegen für "grundsätzlich richtig", denn das "Primat der Politik ist etwas Entscheidendes". Er stehe "voll und ganz" hinter Darabos, sagte Kräuter.

"Parteipolitischen Motive"

Entacher habe auf Basis der geltenden Gesetze agiert und zu einer laufenden parteipolitischen Debatte sachlich Stellung bezogen, so Kaltenegger in einer Aussendung. "Offenbar versucht Darabos aus parteipolitischen Motiven inhaltliche Kritiker mundtot zu machen." Er sei auch besorgt "über den Diskussionsverlauf in dieser so wichtigen Frage", so Kaltenegger. "Werden nun auch SPÖ-Wehrsprecher (Stefan, Anm.) Prähauser und SPÖ-Verfassungssprecher (Peter, Anm.) Wittmann ihrer Ämter enthoben, weil sie sich kritisch zu Darabos geäußert haben?" Die Vorgangsweise zeige "einmal mehr die große Unsicherheit des Ministers". Darabos solle die inhaltliche Kritik ernst nehmen und beim nächsten Nationalen Sicherheitsrat umfassend zur inhaltlichen Kritik Stellung nehmen.

"Es ist unfassbar. Der Generalstabschef, der getreu zur Verfassung und Neutralität steht und dies auch öffentlich artikuliert, wird vom Verteidigungsminister für eine Meinungsäußerung kalt abserviert. Wer so handelt wie Darabos, steht weder am Boden der Verfassung noch erweist er der Demokratie einen guten Dienst", erklärte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einer Aussendung. "Diese schier ungeheuerliche Vorgangsweise des noch amtierenden Verteidigungsministers ist unverzüglich im Nationalen Sicherheitsrat sowie im Landesverteidigungsausschuss zu erörtern." "Der Stil von Verteidigungsminister Darabos nimmt nordkoreanische Züge an", meinte der Kärntner FPK-Obmann Uwe Scheuch.

Pilz fordert Nationalen Sicherheitsrat

Auch der Grüne Abgeordnete Peter Pilz sprach sich für die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates aus. Er werde nun selbst konkrete Vorschläge für eine Reform des Bundesheers machen und die anderen Parteien einladen, mitzumachen. Er habe schon befürchtet, dass eine nicht vorbereitete Reform einer an und für sich guten Idee schaden werde. Darabos sei für ihn schon längst rücktrittsreif, meinte Pilz auf eine entsprechende Frage.

Für Grünen-Chefin Eva Glawischnig ist die Absetzung Entacher zwar "formal vollkommen korrekt". Allerdings warf auch sie Darabos am Rande der Klubklausur der Grünen in Linz vor, die Abschaffung der Wehrpflicht nicht ordentlich vorbereitet zu haben. "Mit diesem offensichtlichen Führungsversagen gefährdet Darabos mittelfristig eine vernünftige Heeresreform", so Glawischnig. Offenbar habe es Darabos verabsäumt, die geplante Reform intern zu diskutieren, kritisierte Glawischnig angesichts der öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten. Für die Grünen-Chefin ist es erstaunlich, "dass er sich mit so einem populären Projekt so weit in eine Sackgasse manövriert hat". Darabos habe sein Ressort nicht im Griff und sei daher "rücktrittsreif".

Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz forderte neuerlich die Einberufung des nationalen Sicherheitsrates. "Darabos ist für das Chaos, in dem das Bundesheer versinkt, persönlich verantwortlich", kritisierte Pilz in einer Aussendung. In zwei Punkten habe Darabos aber Recht: Die Wehrpflicht gehöre abgeschafft und "ein Generalstabschef, der sich öffentlich gegen seinen Minister stellt, muss abgesetzt werden".

BZÖ: "Völlig falsche Reaktion"

Sinnvoll findet auch BZÖ-Klubobmannstellvertreter Herbert Scheibner die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates. Dass Darabos Entacher abberufen hat, sei die "völlig falsche Reaktion" und "ein weiterer Beweis für die Führungsschwäche des Verteidigungsministers", wie Scheibner sagte. Es sei zwar nicht in Ordnung, dass ein Offizier öffentlich Stellung gegen seinen Minister bezieht, aber das hätte man auch in einer Aussprache regeln können. Er habe Darabos von Beginn an nicht für geeignet gehalten, erklärte er auf eine entsprechende Frage.

Die freiheitlichen Personalvertreter (Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher sowie Arbeitsgemeinschaft Freiheitlicher Heeresangehöriger) gaben in einer Aussendung bekannt, hinter Entacher zu stehen. Man verlange die sofortige Einberufung des Zentralausschusses als oberstes Personalvertretungsgremium, der Zentralausschuss solle Darabos auffordern, die Abberufung Entachers sofort zu widerrufen. Wenn Darabos "keinem mehr im Bundesheer vertraut, wie es ja den Anschein hat, so kann es nicht sein, dass er das Bundesheer auflöst, sondern dann muss er gehen", meinte Gewerkschafter Manfred Haidinger.

ÖAAB "fassunglos"

Mit "Fassungslosigkeit" reagierte der Obmann des Wiener ÖAAB, Matthias Tschirf, auf die Abberufung Entachers: "Wenn er konstruktiver Kritik eines hochrangigen Offiziers nur mit einem Rausschmiss zu begegnen weiß, ist Darabos als Minister eindeutig nicht mehr haltbar und rücktrittsreif."

(APA/red)