Vielleicht war alles nur wieder ein Test, mutmaßte ein westlicher Diplomat nach den eineinhalb Tagen Gesprächen mit dem iranischen Unterhändler Said Jalili am Freitag und Samstag in Istanbul. Die schnelle Antwort aus dem Iran auf die fruchtlose Runde der Atomgespräche am Bosporus schien ihm recht zu geben: Die Gespräche sollen weitergehen, sagte der iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad am Sonntag in einer Rede in der Provinz. "Wenn die andere Seite entschlossen ist und dem Gesetz, der Gerechtigkeit und dem Respekt verpflichtet ist, dann gibt es Hoffnung, dass in den nächsten Sitzungen gute Ergebnisse erreicht werden können."

Im Istanbuler Cigaran-Palast war das jedenfalls nicht der Fall. Insgesamt 15 Stunden sprachen die fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China (P-5) und Deutschland, angeführt von der EU-Außenpolitikbeauftragten Catherine Ashton, in verschiedenen Konfigurationen mit der iranischen Delegation über das strittige Nuklearprogramm des Landes. Am Ende zog Ashton ein bitteres Fazit: Vorschläge zu vertrauensbildenden Maßnahmen seien gemacht, "detaillierte Ideen" unter anderem zum Tausch von angereicherten Uran unterbreitet worden. Darüber hätten die P-5 und Deutschland mit der iranischen Seite reden wollen. "Ich bin enttäuscht und muss sagen, dass dies nicht möglich gewesen ist."

Jalili hat stattdessen nach westlicher Lesart "Vorbedingungen" gesetzt - die Aussetzung der UN-Sanktionen und die Anerkennung der laufenden Urananreicherung im Iran als ein "Grundrecht" des Staates.

Die Iraner wollten die Geschlossenheit der P-5 in diesen Fragen testen, hieß es aus diplomatischen Kreisen nach den Gesprächen in Istanbul. Die Überlegung sei gewesen, einen Keil zwischen die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland auf der einen Seite und Russland und China auf der anderen zu treiben. Dies sei allerdings nicht gelungen.

Beide Staaten hatten auch die vierte Sanktionsrunde vom Juni 2010 im Sicherheitsrat mitgetragen, sich aber nicht den schärferen unilateralen Sanktionen der USA oder EU gegen den Iran angeschlossen. Peking machte am Sonntag auch deutlich, dass es weitere Gespräche erwartet und nicht etwa Überlegungen zu neuen Strafmaßnahmen.

Vorschläge auf dem Tisch

Die Drohung einer weiteren UN-Resolution gegen den Iran hängt wohl in der Luft, doch Diplomaten in Istanbul gaben zu verstehen, dass es derzeit keinen Zeitrahmen gäbe für ein Ende von Verhandlungen mit Teheran. "Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch", sagte auch Ashton.

Die P-5 und Deutschland wollen nun abwarten, ob Teheran die - nicht näher erläuterten - "detaillierten Ideen" und "praktischen Wege" in neuen Gesprächen austesten will. Die USA, Frankreich und Russland erneuerten jedenfalls ihr Angebot für einen Handel zum Austausch von angereichertem Uran, das dann im Ausland weiterverarbeitet würde. (Markus Bernath aus Istanbul, STANDARD-Printausgabe, 24.01.2011)