Wien - Die Offiziersgesellschaft hat Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) am Sonntag zum Rücktritt aufgefordert. "Ein Minister, der seinen Leuten offen über die Medien droht, das kann und darf nicht sein", sagt Eduard Paulus, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, im Gespräch mit dem Standard. "Verteidigungsminister Norbert Darabos ist in einer Demokratie untragbar geworden", heißt es in der Stellungnahme der Offiziere.

Dieser ungewöhnlich heftigen Attacke aus dem Heer war die Drohung des Ministers vorangegangen, bei Kritik von Offizieren auch vor "personellen Konsequenzen nicht zurückzuschrecken". Das war offenbar auch auf Generalstabschef Edmund Entacher gemünzt, der sich in einem Interview gegen die Abschaffung der Wehrpflicht ausgesprochen hat.

Darabos reagierte erbost: Die Offiziere wollten nur "ihre Pfründe sichern und stellen sich gegen eine Professionalisierung des Heeres". Er lasse sich "von Beharrungskräften nicht beirren".

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"Verteidigungsminister Norbert Darabos ist in einer Demokratie untragbar geworden. Er soll zurücktreten." Eduard Paulus, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, ist wütend: "Ein Minister, der seinen Leuten offen über die Medien droht, das kann und darf nicht sein. "

Nachdem Darabos (SPÖ) in den vergangenen Tagen wegen seines Vorschlags zur Abschaffung der Wehrpflicht überwiegend von den anderen Parteien angegriffen worden war, schwindet nun auch der Rückhalt aus den eigenen Reihen - vor allem nachdem Darabos seinem Generalstabschef die Rute ins Fenster gestellt hatte.

Die Vorgeschichte: Generalstabschef Edmund Entacher hatte sich in einem Interview mit dem Profil für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen - Darabos drohte daraufhin in der Tiroler Tageszeitung damit, auch vor "personellen Konsequenzen nicht zurückzuschrecken".

"Politischer Dilettantismus"

Die Offiziersgesellschaft reagierte prompt: Dass der Minister Ressort-Angehörigen, die nicht seiner Meinung sind, mit personellen Konsequenzen drohe, sei "undemokratisch, verfassungswidrig und geradezu stalinistisch", heißt es in einer Stellungnahme auf der Homepage.

Die Offiziere - rote wie schwarze - wenden sich nun gegen ihren Minister. "Die Aufforderung des Rücktritts wird von allen mitgetragen", sagt Paulus im Gespräch mit dem Standard. Nur würden sich die SPÖ-Offiziere namentlich ungern in den Medien wiederfinden, weil sie "Angst vor beruflichen Nachteilen haben". Aber die Kritik an Darabos wächst nicht nur innerhalb des Heeres, sondern auch innerhalb der SPÖ.

Nach Wehrsprecher Stefan Prähauser äußerte nun Anton Gaal seinen Unmut: "Was jetzt passiert, ist politischer Dilettantismus", sagte der Vorsitzende der Bundesheerkommission und Chef der SPÖ-Favoriten. Er sei "traurig und in Sorge" über den Inhalt der Debatte und die Vorgehensweise. "Sicherheitspolitik eignet sich nicht für Parteipolitik", kritisierte Gaal die aktuelle Debatte, der es an "Tiefgang" fehle.

Darabos bleibt "unbeirrt"

Die Bundesheergewerkschaft zeigte sich von der Entwicklung in der Wehrpflichtdebatte "entsetzt" und verlangte von Darabos "Besonnenheit". Die "offene Drohung" der Absetzung Entachers sei "nicht kommentarlos hinzunehmen".

Scharfe Kritik gab es auch von den drei Oppositionsparteien: FPÖ, Grüne und BZÖ sprachen sich für einen Rücktritt des Ministers aus. Der Wehrsprecher der FPÖ, Peter Fichtenbauer, attestierte dem Verteidigungsminister eine "panische Angst vor einer seriösen Wehrpflicht-Debatte. Darabos agiert als Kleindiktator und Verfassungsbrecher".

Der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, sah das bereits "befürchtete totale Chaos" ausgebrochen. Er forderte die "sofortige Einberufung des Landesverteidigungsausschusses". Sollte dies nicht Anfang nächster Woche geschehen, werde er den Nationalen Sicherheitsrat einberufen.

Der Verteidigungsminister reagierte auf die Kritik wenig versöhnlich. In einer Stellungnahme gab er bekannt, dass er sich in seinem Reformvorhaben "von Beharrungskräften und Besitzstandsbewahrern" wie Eduard Paulus und Michael Schaffer, Präsident der Bundesvereinigung der Milizverbände, "nicht beirren" lasse.

Diese wollten lediglich "ihre Pfründe sichern". Er sei "fest entschlossen", das Bundesheer "zu modernisieren". Daran würden "auch zwei Herren, die in ihrem Denken noch im 20. Jahrhundert sind, nichts ändern können". (Saskia Jungnikl, DER STANDARD, Printausgabe, 24.1.2011)