Für diese Qianlong- Porzellanvase bewilligte eine chinesische Sammlerin mit 32,57 Mio. Dollar mehr als das Fünffache der ursprünglichen Schätzung.

Foto: Sotheby's

Lässt man Japan, Singapur und Taiwan als die reichsten Länder Asiens beiseite, dann ist das Wachstum weitaus dynamischer als auf dem Rest des Kontinents, lag die durchschnittliche Zuwachsrate der Pro-Kopf-Geldvermögen bei jährlich 13 Prozent. Dazu leben in dieser Region rund 210 Millionen Menschen, die sich zur globalen Vermögensmittelschicht (5300 bis 31.600 Euro) zählen dürfen. So weit die Fakten des im vergangenen Oktober veröffentlichten "Global Wealth Report 2010", aus denen der internationale Kunstmarkt ein viel versprechendes Potenzial ableitet und sowohl direkt als auch indirekt schon jetzt profitiert.

Direkt in einem Zuwachs an dort erzielten Umsätzen, der den Neid etablierter Metropolen wecken könnte: In der ehemaligen britischen Kolonie Hongkong, dem Zentrum des chinesischen Kunstmarktes, stieg der Umsatz bei Sotheby's 2010 um 143 Prozent auf etwas mehr als 681 Millionen Dollar, und im Vergleich zu 2009 verdoppelte Christie's seinen Absatz auf 708 Millionen Dollar. Gegenüber 2002 hat sich der Umsatz der Auktionsbranche in Hongkong damit verachtfacht.

Für die neue Klasse der vermögenden Chinesen (ca. 300.000 Millionäre) avancierte der Kunstmarkt zeitgleich zu einer fürs Prestige gern frequentierten Spielwiese, deren Kaufkraft längst auch Richtung London oder New York schwappte. Gekauft wird für die eigenen vier Wände, ein künftiges oder bereits bestehendes Privatmuseum oder auch als Investment. Christie's, Sotheby's, ja sogar Bonhams lotsen die potenzielle Klientel seit geraumer Zeit in chinesischer Sprache durch ihre Websites. Im deutschsprachigen Raum bietet einzig das Dorotheum diesen Service.

Wie viele der im vergangenen Jahr erzielten Rekordzuschläge – als indirekte Folge des wachsenden Reichtums - tatsächlich auf das Konto chinesischer oder asiatischer Käufer gehen, kann nur gemutmaßt werden. Auf Anfrage halten sich Auktionshäuser bedeckt. Nur so viel, gerade im obersten Preissegment sind sie nicht selten die Unterbieter, wenn nicht der Käufer, der einen achtstelligen Dollar oder Pfund-Betrag zu zahlen bereit war. Etwa auch in London, wo sich das Spitzenfeld der zehn höchsten Zuschläge gegenüber dem ersten Halbjahr 2010 nicht veränderte.

Dominanz der Moderne

Das liegt allerdings weniger am nach unten revidierten Wirtschaftswachstum in Großbritannien als am enormen Wertvolumen (siehe Tabelle): 2009 addierte sich dieses auf 117,5 Millionen Pfund, 2010 hingegen auf einen historischen Höchstwert von 315,2 Millionen. In dieser von Vertretern der Sparte Impressionist & Modern Art dominierten Preisklasse schaffte kein einziges zeitgenössisches Kunstwerk eine Platzierung. Lediglich Turner machte der Fraktion Alter Meister alle Ehre. 34,76 Millionen Pfund bewilligte das Getty-Museum (Los Angeles) im Juli für dessen Gemälde Modernes Rom – und kann es bis heute nur theoretisch sein Eigen nennen. Vier Monate nach der Auktion verhängten die britischen Behörden ein Exportverbot: Spätestens bis 2. August 2011 soll das Geld aufgetrieben werden, um das als nationale Kulturgut eingestufte Werk doch noch im Land behalten zu können. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Printausgabe, 22./23.1.2011)