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Lieferte Expertise für "steuerliche Optimierungen" beim Buchhändler Libro: WU-Gesellschaftsrechtler Christian Nowotny.

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Wiener Neustadt - Was bei der für Börsengang und Dividende maßgeblichen Libro-Bilanz 1998/99 Resultat rechtlicher und wirtschaftlicher Umstände war oder doch Ausfluss eines Tatplans, wie die Staatsanwaltschaft argwöhnt, war am Freitag Thema im Libro-Prozess. Rede und Antwort stand der Viertangeklagte, WU-Professor Christian Nowotny, dessen Expertisen sowohl dem Libro-Vorstandsduo André Rettberg und Johann Knöbl als Legitimation dienten als auch dem Drittangeklagten, UIAG-Chef und Libro-Präsident Kurt Stiassny.

"So trickreich, wie sie immer dargestellt wird, war die Ausschüttung der Sonderdividende nicht", betonte Nowotny und legte dar, was für den Libro-Börsengang zu erfüllen gewesen sei: Die Libro-Mutter UD-AG (eine Tochter des Mittelstandsfinanzierers UIAG, Anm.) wollte 34 Prozent Körperschaftssteuer sparen (wären beim Aktienverkauf über die Börse angefallen). Zweitens sollten Rettberg und Knöbl an Libro beteiligt werden, und das drittens lohnsteuersparend, weshalb sie erst im Wege der Verschmelzung mit UD-AG bei Libro einstiegen.

"Downstream-Merger"

Unter einen Hut zu bringen war all dies laut Nowotny nur über einen "Downstream-Merger": Die Finanzholding UD-AG wurde im Mai 1999 in Libro fusioniert. Der umgekehrte Weg (Upstream-Merger) hätte tausende Krankenkassen-Ummeldungen verursacht, weil UD-AG und nicht mehr Libro tausende Angestellte gehabt hätte. Libro-Masseverwalter Günther Viehböck sieht das anders. UD-AG, die Libro auf Pump von der Wlaschek-Stiftung gekauft hatte, wäre überschuldet gewesen. So aber schüttete Libro 440 Millionen Schilling (31 Mio. Euro) Dividende an UD-AG aus und entschuldete so ihre Mutter samt Aktionären.

Wiewohl kreditfinanziert, war diese Dividende nach Darstellung Nowotnys - er war Vize-Aufsichtsratschef - nicht rechtswidrig. "Eine hohe Ausschüttung ist für ein expandierendes Unternehmen dann zulässig, wenn dies zu einer neuen Kapitalmaßnahme führt." Eine solche war in Sicht: der Börsengang, der 72 Mio. Euro in die Libro-Kassen spülen sollte. Zu entscheiden, ob die Ausschüttung den Fortbestand von Libro gefährdete, oblag Unternehmen und Wirtschaftsprüfer, so Nowotny.

Blieb ein Problem: Der Bilanzgewinn reichte nicht, 10,7 Mio. Euro Schulden blieben übrig. Sie fand man als stille Reserven in Libro-Büchern. Das "entsprechende Gutachten" lieferte Wirtschaftsprüfer KPMG: Er befand den Deutschland-Expansionsplan der "Tainment-Company" als so visionär, dass von null auf 10,9 Mio. Euro aufgewertet werden konnte. "Entsprechend" habe sich natürlich nicht auf die Höhe dieser Bewertung bezogen, sagt Nowotny. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.1.2011)