Fußgänger und Radfahrer würde es freuen: Flanieren auf der Mariahilfer Straße, ohne "Fußgängerstau" oder Stress bei einer Straßenquerung. Wer würde das nicht bevorzugen? Bedenken kommen naturgemäß von Geschäftsleuten. Ein Kritikpunkt lautet, dass das Transportieren von schweren Waren aus Möbelhäusern und elektronischen Geschäften nur mit Auto möglich sei. Ein Experte in Sachen "autofrei", lässt dieses Argument nicht gelten: Verkehrsplaner Hermann Knoflacher hat schon viele Fußgängerzonen gestaltet. "Die Umsätze steigen in Fußgängerzonen im Allgemeinen um mehr als 20 Prozent an", sagt er. Würde man den Autoverkehr "rausschmeissen", gebe es also noch mehr Kaufkraft.

Der Experte erzählt im Gespräch mit derStandard.at von einem Beispiel: Der Möbel Leiner in der Mariahilfer Straße vergrößerte sein Geschäft, indem er das Nachbargebäude dazu nahm. "Die Geschäftsleute sind an mich sogar mit der Bitte herangetreten, ob wir ihnen helfen, keine Parkplätze bauen zu müssen. Das Unternehmen hat längst erkannt, dass Kunden zwar die kleinen Dinge selbst mitnehmen, sich aber die großen Möbel zustellen lassen oder mit einem Fuhrwerk vom Lager abholen." Laut Bezirksvorsteherin Renate Kaufmann ergab zudem eine Studie, dass nur 20 Prozent der Autofahrer zum Shoppen auf die Mariahilfer kommen - der Rest erledige kurze Wege zwischen dem sechsten und siebten Wiener Gemeindebezirk.

Der Großteil der Leute reist in Wien für Einkäufe mit den Öffis an: Laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) werden in Wien mehr als zwei Drittel der Alltagswege schon mit alternativen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Hier gilt es das Angebot mit günstigeren Öffi-Tickets und besseren Radnetzen zu optimieren.

Wichtig ist es bei der Umgestaltung von Einkaufsstraßen, die Zufahrtmöglichkeiten und Ausnahmegenehmigungen für Lieferanten zu gewährleisten und sorgfältig zu planen. Es ist nicht zumutbar, dass sich die Verkehrsteilnehmer wieder aneinander vorbeischlängeln müssen. Die Mariahilfer Straße ist eine der wenigen gut funktionierenden Einkaufsstraßen in Wien, dieser Status darf durch schlampige Planung nicht gefährdet werden. Auch ein Ausweichen des Verkehrs auf die umliegenden Gebiete, insbesondere nach Neubau, muss durch kluge Konzepte verhindert werden. (jus, derStandard.at, 21. Jänner 2011)