Medveščaks Schlüsselspieler: Goalie Robert Kristan und "Sniper" Frank Banham.

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Ted Sator musste seinen Trainersessel zum Jahreswechsel räumen.

 

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Erst 104 Spiele hat Medveščak Zagreb in der EBEL absolviert, dennoch hat sich der Klub aus der kroatischen Hauptstadt bereits als unverzichtbarer Teil der Liga etabliert. Vor allem mit seinem regen Zuschauerzuspruch - 315.648 Fans verfolgten die bisher 51 Heimspiele (Schnitt: 6.189/Spiel) - bereichert das "jüngste" Mitglied die EBEL. In den kommenden acht Tagen wird sich diese beeindruckende absolute Zahl um mindestens 50.000 erhöhen, so viele Zuseher erwartet man sich nämlich in den vier Heimspielen in Serie, für die man vom alt-ehrwürdigen Dom Športova in die große und neue Multifunktionshalle der Stadt ausweicht.

Rasanter Aufstieg

Damit setzt Medveščak einen weiteren und wichtigen Schritt in seinen Bestrebungen, dem Eishockey einen hohen (und noch vor wenigen Jahren schier undenkbaren) Stellenwert in der kroatischen Sportlandschaft zu verleihen. War es anfangs wohl primär die Neugier, welche die Zuschauer in Massen zu den Heimspielen strömen ließ, verstand es der Verein rasch, diese neu gewonnenen Publikumsschichten dauerhaft zu binden. Niedrige Eintrittspreise haben dazu ebenso beigetragen wie die bewusste Positionierung fernab der anderen publikumswirksamen Mannschaftssportarten, die sich in Kroatien häufig mit Gewaltproblemen konfrontiert sehen. Unter den Leitprinzipien "Fröhlich, friedlich und familiär" gelang es Medveščak, den Zuschauerzuspruch konstant hoch zu halten, ja sogar zu steigern. Binnen eineinhalb Jahren hat man eine Marke etabliert, die in der kroatischen Hauptstadt eine stetig wachsende mediale Aufmerksamkeit erzeugt, was den Klub für Sponsoren zunehmend interessant macht. Dementsprechend erweitern sich die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Vereins kontinuierlich: Nur in wenigen EBEL-Teams werden höhere Gehälter für Spitzenspieler bezahlt, kaum ein anderer Klub investiert gleichzeitig aber auch so viel Geld in eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit angetrieben von einer gut geölten PR-Maschinerie.

15.200 - ausverkauft!

Was die Entwicklung des Vereins und seines Umfelds betrifft, befindet sich Medveščak seit seinem Einstieg in die internationalisierte EBEL in einer stetigen Aufwärtsspirale. Ein Trend, dem nun mit dem achttägigen "Arena Ice Fever" Rechnung getragen wird.
Aktuell spricht alles dafür, dass auch dieses Event zu einem Erfolg wird: Die Heimspiele gegen den KAC (Freitag) und die Vienna Capitals (Sonntag) sind restlos ausverkauft, zu beiden Spielen werden 15.200 Fans erwartet, der bisherige Zuschauerrekord für Eishockeyspiele am Gebiet des ehemaligen Jugoslawien (12.000 beim Olympiafinale UdSSR gegen ČSSR 1984 in Sarajevo) also locker übertroffen. Trotz ansehnlicher Kosten - das "Arena Ice Fever" ist mit Ausgaben von knapp 340.000 Euro veranschlagt - werden die kommenden vier Heimspiele für Medveščak auch zum finanziellen Erfolg.

Machtkampf hinter den Kulissen

Mit der positiven strukturellen und wirtschaftlichen Entwicklung des Klubs in den letzten Monaten konnte die sportliche Performance nicht ganz mithalten, aktuell bekleidet man nur den achten Tabellenrang. Zwar besteht zum Play-Off-"Strich" ein Polster von fünf Zählern, gänzlich zufrieden ist man mit dem bisher Erreichten jedoch nicht. Ein zentraler Grund für die durchwachsenen Leistungen war der sich über Wochen hinziehende Machtkampf zwischen Trainer Ted Sator und Sportdirektor Doug Bradley, der sich zuletzt sogar in unkonventionellen Personalentscheidungen und einer nicht immer nachvollziehbaren Transferpolitik widerspiegelte. Nach der 1:4-Niederlage in Jesenice am 30. Dezember wurde Sator entlassen, Bradley übernahm interimsmäßig selbst das Traineramt und holte mit seiner Mannschaft seither 10 von 14 möglichen Punkten (29:17 Tore).

Key Player Kristan

Zuletzt zeigte die Formkurve bei Medveščak also deutlich nach oben, dass es nach dem überraschenden Halbfinaleinzug im Vorjahr heuer sogar für noch mehr reicht, erscheint aber äußerst unwahrscheinlich. Trotz wohlwollender Punktebewertungen, speziell bezüglich der neun Doppelstaatsbürger im Kader, ist Zagrebs Personaldecke sehr dünn, wohl zu dünn für durchschlagende Erfolge in der kräftezehrenden Post Season.
Absoluter Schlüsselspieler im Team ist der Slowenische Torhüter Robert Kristan, der in 34 Starts 17 Siege feierte, im Schnitt nur 2,71 Gegentore pro Partie zulässt und mit 92,79% die beste Save Percentage aller EBEL-Torhüter aufweist. Umso höhere Bedeutung erlangen diese Werte in Anbetracht der relativ statischen und langsamen Abwehr, hinter der Kristan agiert. Die Vorzüge Medveščaks liegen eindeutig in der Offensive: Zwar erhält man die wenigsten Überzahlspiele der Liga, nützt diese aber überdurchschnittlich oft (Platz 4 mit 25,17% Effizienz). Auch hinsichtlich der insgesamt erzielten Tore (3,21/Spiel) liegt man im guten Mittelfeld der Liga. Bestimmender Akteur im Angriff ist Frank Banham: Der letztjährige EBEL-Torschützenkönig sammelt seine Punkte zwar nicht im ganz so großen Stil, wie man es sich erhofft hatte (0,39 Tore/Spiel im Vergleich zu 0,71 im Vorjahr), ist jedoch in den entscheidenden Momenten zur Stelle: Mehr als 41 Prozent seiner heurigen Scorerpunkte waren spielentscheidende, kein Medveščak-Spieler stand bei mehr Game Winning Goals am Eis als er.

Erneutes Freiluft-Spiel

Topscorer des Teams ist mit Ryan Kinasewich jedoch ein Anderer. Ganze 22 Treffer hat der Kanadier mit kroatischen Wurzeln bereits erzielt, allesamt in 5-on-5-Situationen (ligaweit Platz zwei hinter Fortier/23). In acht der letzten neun Spiele hat er Scorerpunkte gesammelt, umso bitterer für Medveščak, dass er für die beiden ersten "Arena Ice Fever"-Spiele gegen Klagenfurt und Wien aufgrund eines Todesfalls in der Familie nicht zur Verfügung steht. Rechtzeitig vorm Dienstag-Spiel gegen Olimpija Ljubljana dürfte der 27jährige jedoch aller Voraussicht nach wieder zum Team stoßen, womit er auch beim nächsten Eishockey-Event in Zagreb dabei sein wird: Wie schon im Vorjahr plant man auch in dieser Saison ein Freiluftspiel, vorgesehen ist die Partie gegen den EHC Linz am 6. Feber. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 21.Jänner 2011)