Paris/Wien - 2,01 Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter - so hoch lag die nationale Geburtenrate im Jahr 2010 in Frankreich, wie das Statistikamt Insee in Paris bekanntgegeben hat. 828.000 Babys erblickten das Licht der Welt.

Die europäische Geburtenrate liegt gerade mal bei 1,5. Nur Irland liegt mit einer Quote von 2,07 höher als Frankreich - wo die Zahl seit den 70er-Jahren nie mehr über zwei lag. In den 90er-Jahren war sie gar auf 1,66 gesunken.

In Paris fragt man sich, woher diese Ausnahme rührt. Soziologen nennen in erster Linie die Geburtenpolitik Frankreichs, das nach den Weltkriegen mit allen Mitteln versuchte, die Gebärfreudigkeit seiner Bürgerinnen zu fördern - etwa mit einem Angebot an Betreuungsplätzen für Sprösslinge im Alter von einem Jahr. Da die Frühbetreuung den Segen der Nation hat, käme auch niemandem in den Sinn, mit dem Finger auf berufstätige Mütter zu zeigen - auch nicht auf Alleinerziehende.

Frankreich lässt sich diese Politik viel kosten: Diverse Zuschüsse und Steuervorteile für Familien dürften insgesamt etwa 100 Milliarden Euro kosten. Das entspricht 1500 Euro pro Einwohner.

2010 waren die Französinnen bei der Entbindung zudem im Durchschnitt erstmals über 30 Jahre alt. Das heißt: Immer mehr Frauen kommen als Mütter in Betracht, was auch die Geburtenzahl erhöht. Spielt aber auch die starke Einwanderung eine Rolle? Die Geburtenrate der Einwanderertöchter wird inoffiziell auf 2,4 geschätzt. Dass dies nur wenig über dem nationalen Schnitt liegt, führen Insee-Experten darauf zurück, dass sich die zweite Generation wohl bereits an nationale Gepflogenheiten angepasst hat.

Frankreichs Babyboom ist umso erstaunlicher, als eine Meinungsumfrage kürzlich aufzeigte, dass die Franzosen im internationalen Vergleich besonders pessimistisch in die Zukunft blicken. Vielleicht ist aber genau das der Grund für Kinder: Die wochenlangen Streiks in Frankreich gegen die Erhöhung des Rentenalters zeigten, wie sehr die Franzosen auf ihre Altersvorsorge bedacht sind.

Risiko Kind in Österreich

Kinderreichtum kann aber die Armutsgefahr erhöhen. Die in Österreich von der Statistik Austia durchgeführte EU-SILC-Erhebung 2009 (European Statistics in Income and Living Conditions), zeigt, dass Ein-Eltern-Haushalte und Arbeitslose am häufigsten von Armut bedroht sind. Fast jede dritte Person, die in einem solchen Haushalt lebt, ist betroffen. Bei Familien mit drei und mehr Kindern lebte jede fünfte Person in einem armutsgefährdeten Haushalt (20 Prozent).

Insgesamt waren 2009 zwölf Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Auch Pensionistinnen (28 Prozent) und Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft (26 Prozent) tragen ein großes Risiko. (brae, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 21. Jänner 2011)