Eh gut. So wie man auf die Frage "Wie geht's?" gern mit "Danke, eh gut" antwortet, was aber meist nichts mit der tatsächlichen Befindlichkeit zu tun hat, ist auch das neue Gesetz zur Einkommenstransparenz ein Fall für "eh gut". Es wird schon etwas bewegen, zumindest über die Jahre. Spätestens dann, wenn weniger Junge in den Arbeitsmarkt hineinkommen, als Ältere hinausgehen, also in rund fünf Jahren. Weil man es sich als Unternehmen dann gar nicht mehr leisten können wird, Frauen schlechter zu zahlen als Männer, weil man sie dann braucht.

Und mit der laufenden Enthüllung aller Geheimnisse durch digitale Medien und soziale Netzwerke wird ohnehin Transparenz einkehren. Auch Gehaltstransparenz. Dann braucht man nicht mehr auf die Ratespiele zu den Chefgehältern in einschlägigen Buntmagazinen warten. Genauso wie über die Jahre gesehen - "eh gut" - ohnedies immer mehr Frauen in immer höhere Unternehmensebenen kommen werden. Das ist schon durch die höheren Bildungsabschlüsse von Frauen längst programmiert.

Man möchte summieren: Diskriminierung wird sich so wohl - dank aller "Eh guts" - quasi von selbst auflösen. Jene Diskriminierung, die unter anderem Menschen mit Behinderung, Schwule, Lesben, Frauen betrifft. Jene Diskriminierung von Frauen, die ihnen weniger aufs Konto bringt, als Männer kriegen. Irgendwann werden sich Firmen dafür schon genieren. Falls sie bis dahin noch keine Tricks gefunden haben, wie man herzeigen kann, dass alles "eh gut" ist.

Das Thema bleibt somit eine Frage von Glauben, Hoffen und Erwarten. So ist auch die aktuelle Novelle zur Einkommenstransparenz angelegt: ohne unmittelbare Sanktionen für Unternehmen, die keinen internen Einkommensbericht erstellen, also nicht nachschauen, ob sie Frauen und Männer gleich zahlen. Und selbst wenn Arbeitnehmer die Möglichkeit nutzen sollten, einen solchen Bericht von ihren Unternehmen einzuklagen, ergibt sich daraus für Frauen noch immer kein Erfüllungsanspruch. Obwohl: Der Preis für Zivilcourage ist festgesetzt. Arbeitnehmern, die interne Gehälter "wikileaken" , drohen 360 Euro Strafe. (Ist das in der Betriebsratskasse vorhanden?)

Um Diskriminierung rasch zu verringern, braucht es mehr. Am zahlenmäßig vermutlich größten Beispiel Frauen: flächendeckend einladende Angebote für die qualitätsvolle Betreuung der Kinder; Schulen, die nicht drei Monate im Jahr geschlossen sind; Unterricht, der nicht einen Teil der Arbeit - Hausaufgaben - an die Eltern, meist die Mütter, "outsourct" . Und: Das alles nicht vorzufinden muss teuer sein, muss in angemessenem Zeitraum erfüllend beansprucht werden können.

Gesetze wie diese Novelle können dabei ein ganz zentraler Hebel sein - wenn sie auch individuell einklagbare Ansprüche gewähren. Die Erfahrung aus anderen Ländern mit Antidiskriminierungsgesetzen zeigt: Erst wenn Diskriminierung teurer ist als Nichtdiskriminierung, bewegt sich die träge Masse von Unternehmen und Verwaltungen. Das Denken darf dann schon noch ein paar Jahre hinten sein - er kommt dann schon nach, der vielzitierte gesellschaftliche Bewusstseinsprozess. Und Kinder werden dann auch nicht mehr mit dem zynisch-schmückenden Beinamen "Karrierekiller" bedacht, so wie das derzeit in "Frauenratgebern" noch heißt. (Karin Bauer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.1.2011)