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"Fahrpreisermäßigung für Senioren: Senioren - das sind Männer ab dem 65. und Frauen ab dem 60. Lebensjahr - kann bei Vorweis eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises eine 50%ige Fahrpreisermäßigung gewährt werden." So steht es in der Verordnung des Verkehrsministeriums aus dem Jahr 2001.

Das hat der VfGH - mit Wirksamkeit Jahresende - als verfassungswidrige Differenz nun aufgehoben. Senioren sollen nicht mehr um fünf Jahre später als Frauen ermäßigte Fahrkarten beziehen.

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Wien - Unterschiedliche Altersgrenzen für Frauen und Männer bei SeniorInnen-Fahrpreisermäßigungen sind verfassungswidrig. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) festgestellt. Er hat - mit Reparaturfrist bis Jahresende - eine Verordnung von Verkehrsministerin Doris Bures aufgehoben, die die SeniorInnenermäßigungen für Frauen ab 60 und für Männer ab 65 der Wiener Linien betrifft. Bures kündigte bereits an, auch die entsprechenden Regelungen für die ÖBB zu reparieren.

Für solche Altersgrenzen ohne Bezugnahme darauf, ob der bzw. die Betreffende tatsächlich in Pension ist, gebe es keine sachliche Rechtfertigung - und somit widersprechen sie dem Gleichbehandlungsgesetz, sagte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Donnerstag in einer Pressekonferenz in Wien. Dieses beruht auf einer EU-Richtlinie, die die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbietet. 

Keine ähnliche Nachfolgeregelung vorstellbar

Die Wiener Linien haben sich bislang bei ihren Ticketermäßigungen für SeniorInnen am gesetzlichen Pensionsalter orientiert. Das sei laut Holzinger keine sachliche Rechtfertigung. Vertretbar seien Ermäßigungen für bestimmte Personengruppen wie Bedürftige oder Einkommensschwächere. "Schwer vorstellen" kann sich Holzinger, dass eine gesetzliche Regelung gefunden wird, mit der die Differenzierung nach dem Geschlecht beibehalten werden kann. Denn es wäre eine sachliche Rechtfertigung mit Bezug zum Sachbereich - also zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel - nötig und das sei wohl "schwierig" zu konstruieren.

Anlass für die VfGH-Entscheidung waren Anträge zweier Wiener Gerichte - des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien und des BG Innere Stadt -, denen Schadenersatzklagen männlicher Busfahrer vorlagen. Konkret ging es um eine Verordnung des Verkehrsministerin nach dem Kraftfahrliniengesetz. Ein Kläger verlangte Schadenersatz wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes und der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie.

Ermäßigt Fahren ab sofort

Für das Außerkrafttreten bestimmte der VfGH zwar eine Frist bis Ende des Jahres, aber Männer können den vergünstigten Seniorentarif bis dahin zum vergünstigten Tarif für Frauen unmittelbar auf Grund der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie geltend machen, weil für unionsrechtliche Ansprüche die Außerkraftretensfrist nicht relevant ist.

Die Wiener Linien haben indes bereits entsprechende Änderungen bei den Preisen angekündigt. Das Problem werde im Zuge der neuen Tarifstruktur, die bis Sommer ausgearbeitet werden soll, gelöst werden, versicherte Answer Lang, Sprecher der Verkehrsbetriebe. Derzeit arbeitet eine von der rot-grünen Stadtregierung eingesetzte Arbeitsgruppe gerade an einem neuen Ticketsystem. Bis Ende Juni sollen die Ergebnisse vorliegen. Man gehe davon aus, dass diese dann bis zum Jahresende umgesetzt würden, so Lang. In der Frage, wie diese konkret aussehen könnte, wollte er der Arbeitsgruppe nicht vorgreifen.

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) betrifft nicht nur die Wiener Linien oder die ÖBB, sondern alle, die unter das Kraftfahrliniengesetz fallen. So bieten z.B. die steirischen Verbundlinien und die Graz-Linien ermäßigte Tarife für Frauen ab 60 und Männer ab 65, andere Verkehrsverbünde - wie jene in Salzburg, Oberösterreich oder Niederösterreich/Burgenland - gewähren Reduktionen bei Vorweis einer ÖBB-Vorteils-Card Senior oder Österreich-Card Senior. Diese Vorteilskarten stellen die ÖBB Frauen ab 60 und Männern ab 65 Jahren aus.

Bures will "besondere Lebenssituation von Frauen" berücksichtigen

Verkehrsministerin Bures besteht auch nach dem Urteil bei einer neuen Regelung darauf, die "besondere Lebenssituation von Frauen" zu berücksichtigen. Die Entscheidung des VfGH sei "natürlich zu akzeptieren", und sie werde sich um eine neue Regelung bemühen, "die dem Verfassungsgerichtshof gerecht wird". Aber die "Lebensrealität" von Frauen sei, dass sie im Schnitt um 40 Prozent weniger Pension und ein um 18 Prozent niedrigeres Einkommen haben als Männer, merkte die Ministerin an. (APA/red)