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US-Finanzminister Geithner: Yuan aufwerten.

Foto: AP/Susan Walsh
Grafik: Standard

Als gelernter Diplomat hatte der chinesische Präsident Hu Jintao zum Auftakt seines Besuches in Washington nur gute Nachrichten für seine Gastgeber parat. Der US-Mischkonzern GE darf 50 Gasturbinen nach China liefern. Der Aluminiumriese Aloca hat laut Reuters Aufträge im Wert von 7,5 Milliarden Dollar (5,5 Milliarden Euro) an Land gezogen. Selbst die US-Baumwollindustrie freut sich über neue Bestellungen aus der Volksrepublik.

Ob die Aufträge die China-Kritiker in Washington beruhigen werden, ist aber freilich fraglich.

China erwirtschaftet im Handel mit den USA jährlich große Überschüsse. Allein 2010 sollen es nach Angaben aus Washington 250 und nach Angaben aus Peking 180 Milliarden Dollar gewesen sein. Die USA machen dafür den unterbewerteten Yuan verantwortlich. Nach Ansicht von US-Ökonomen ist der Yuan 20 bis 40 Prozent unter seinem "wahren" Wert, was natürlich chinesischen Exporteuren nützt. Der Yuan ist zwar seit 2005 nicht mehr strikt an den Dollar gekoppelt, hat seither aber kaum aufgewertet. Die Währungsfrage gilt darum als heikelster Punkt beim Treffen Hus mit US-Präsident Barack Obama.

Allerdings hat China in letzter Zeit reichlich Argumentationshilfe erhalten. Yuqing Xing und Neal Detert, zwei Ökonomen der Asian Development Bank, haben im Dezember einen aufsehenerregenden Bericht über Handelsungleichgewichte veröffentlicht.

Der Anteil der Multis

Die beiden haben sich die Produktion der Apple-iPhones angesehen. Software und Design der Handys kommen aus den USA. Die einzelnen Komponenten werden weltweit (USA, Deutschland, Südkorea, Japan) hergestellt und nach Shenzhen, China, zur Endmontage verschifft.

Das fertige Produkt wird in die USA exportiert und taucht damit in den Statistiken als Überschuss Chinas in Höhe von fast zwei Milliarden Dollar auf. Lässt man aber die Werte der nicht in China hergestellten Komponenten außer Acht und rechnet nur die Montagekosten ein, ergibt sich ein kleiner Exportüberschuss zugunsten der USA. Der Bericht kommt zum Schluss, dass Handelsstatistiken einen "verdrehten" Blick auf wahre Ungleichheiten geben. Weil die meisten Komponenten nicht in China gefertigt werden, hätte zudem eine Yuan-Aufwertung nur moderate Auswirkungen auf die Kosten des iPhones.

Was für Handys gilt, stimmt auch für andere Produktgruppen. China ist der größter Lieferer von Computern in die USA. Auch Microsoft und Boeing haben Teile der Produktion ausgelagert. Trek Bicycle Corporation, einer der größten Hersteller von Fahrrädern, hat ebenso Werke in China wie Black & Decker. Der Anteil der von Multis gefertigten Produkte am Gesamtvolumen der chinesischen Exporte betrug 1986 nur 1,9 Prozent. Heute sind es fast 60 Prozent, sagt das Congressional Research Service.

Das Ergebnis ist, dass Chinas Exportüberschuss mit den USA bei einer bereinigten Statistik laut Welthandelsorganisation WTO um ein Drittel niedriger ausfallen würde. "Es sind eben nicht mehr nur Konzerne wie Nike, die Schuhe in China fertigen, auch Elektronikkonzerne und metallverarbeitende Unternehmen haben ihre Produktion verlagert" , meint Rolf Langhammer, vom Kieler Institut für Weltwirtschaft.

Auch Langhammer sagt, dass eine Yuan-Aufwertung den USA wenig bringen würde. Selbst die amerikanische Wirtschaftskammer ist umgeschwenkt. Der Verband drängt das Weiße Haus dazu, anstatt ständig über Währung zu sprechen, auch eine tiefere Marktöffnung Chinas für US-Produkte durchzusetzen. US-Konzerne beklagen sich tatsächlich lautstark über den mangelnden Schutz ihres geistigen Eigentums in der Volksrepublik und darüber, dass staatsnahe Konzerne bei Ausschreibungen oft die Nase vorn haben.

Der Währungsstreit mit China hat Washington bisher jedenfalls nichts eingebracht. Ein Strategiewechsel zeichnet sich möglicherweise bereits ab: Die New York Times berichtete am Mittwoch, dass Obama bei seinem Dinner mit Hu allen voran Fragen des Marktzuganges besprechen will. (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.1.2011)