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Systematische Vergewaltigungen zur Terrorisierung der Zivilbevölkerung: in der Demokratischen Republik Kongo eine oft eingesetzte Waffe.

Foto: Reuters/Finbarr O'Reilly

Kinshasa/Wien - Berichte über Massenvergewaltigungen in der Demokratischen Republik Kongo gibt es zahlreiche. Dies ist jedoch der größte bisher bekannt gewordene Vorfall mit Beteiligung von Regierungstruppen.

Mehr als 50 Frauen sollen in der Neujahrsnacht auf Befehl eines Armeeoffiziers in der ostkongolesischen Stadt Fizi vergewaltigt worden sein, berichtet der britische Sender BBC. Laut Augenzeugen, die alle den Offizier Col Kibibi Mutware beschuldigen, sei seiner Order ein Eifersuchtsstreit vorausgegangen. Die Vergewaltigung dutzender Frauen soll ein Racheakt für den im Streit getöteten Soldaten gewesen sein. Col Kibibi selbst weist jegliche Verantwortung von sich - die Anschuldigen seien nichts als Gerüchte.

Dunkelziffer weit höher

Ein Sprecher der kongolesischen Armee, Vianney Kazarama, bestätigte die Schuld der Soldaten und versprach rasche juristische Schritte; so seien bereits sämtliche, an dem Missbrauch beteiligte Soldaten verhaftet worden.

Wie viele Frauen schlussendlich Opfer der brutalen Attacke wurden, lässt sich nicht exakt beziffern. 51 Frauen haben ihre Verletzungen im Krankenhaus von Fizi oder von Ärzte ohne Grenzen behandeln lassen - die Dunkelziffer der Vergewaltigungsopfer vom 1. Jänner liegt wahrscheinlich weit höher.

Vorangegangene Attacken im Kongo haben gezeigt, dass viele Frauen versuchen, die dramatischen Erlebnisse geheimzuhalten - aus Scham und Angst, von den Ehemännern und Familien verstoßen zu werden. Eine der Frauen von Fizi, die anonym bleiben möchte, berichtet der BBC, dass sie vor den Augen ihrer Kinder von Regierungssoldaten vergewaltigt wurde - auf Befehl des Offiziers Col Kibibi. Ein interner Bericht der UN-Friedensmission Monusco zitiert weitere Quellen, die den Befehlshaber ebenfalls der Anordnung bezichtigen.

Die UN-Sondergesandte gegen sexuelle Gewalt in Konfliktregionen, Margit Wallström, appellierte an die kongolesischen Behörden, die Untersuchungen in dem Fall voranzutreiben.

Erst im Juli und August 2010 kam es im Osten des Landes zu Massenvergewaltigungen von etwa 300 Dorfbewohnern durch ruandische und kongolesische Milizen. Im Jahr davor wurden nach Angaben der UN-Friedensmission bis zu 15.000 Menschen im Ostkongo Opfer sexueller Gewalt. Über 200.000 dokumentierte Fälle gibt es seit Beginn der Konflikte im Jahr 1996. Roger Meece, Chef der Friedensmission im Kongo, beklagt seit Jahren, dass 18.000 Mitglieder der Friedenstruppe nicht ausreichen, um den vollständigen Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen. (juh/DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2011)